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Miriam hilft in Athen, den Flüchtlingsschutz gemeinsam mit UNHCR-Kollegen und anderen Partnerorganisationen zu verbessern.
Name: Miriam Aertker, 37, Ahaus (Münsterland)
Einsatzort: Athen, Griechenland
Position: Protection Officer (Community Based Protection)
Bei UNHCR seit: 2008 (angefangen im Jemen, dann Pakistan, Jordanien, Ägypten, Irak, Somalia, Myanmar und jetzt Griechenland.)
Warum hast du dich für einen Job beim UNHCR entschieden?
Ich bin in einer Familie großgeworden, in der Reisen, Vielfalt, interkulturelle Kompetenz und Kommunikation immer wichtig waren. Mein Vater, mein Onkel und meine Tante haben viele Jahre in Südafrika gearbeitet. Schon in jungen Jahren hat mich die Arbeit in fremden Ländern mit verschiedenen Kulturen und Menschen fasziniert. Ich wusste, dass ich in diesem Feld arbeiten wollte. Während des Studiums in Köln, Kairo und London hatte ich das Glück, an vielen Freiwilligeneinsätzen teilnehmen zu können, unter anderem in Malawi, Tansania, Mexiko, Südafrika, Ghana, USA und in den Philippinen.
Was macht UNHCR in Griechenland?
UNHCR führt viele Programme in Griechenland durch, aber die größten sind im Bereich Unterkunft und Bargeldhilfe (Cash-Based Interventions), die zusammen mit der Regierung, Gemeinden und Partnerorganisationen umgesetzt werden und von der EU finanziert werden.
Ein weiterer großer Teil unserer Arbeit sind sogenannte Protection-Aktivitäten, das heißt, dass wir uns für die Stärkung des Schutzes von Asylsuchenden und Flüchtlingen einsetzen. Dies umfasst Aspekte der Aufnahme, der rechtlichen Situation nach einer positiven Entscheidung und Fragen der Integration.
Dazu gehören auch spezielle Maßnahmen für den Schutz von Kindern und wir arbeiten daran, die Risiken von sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt (SGBV) zu verringern und sicherzustellen, dass Unterstützung für Opfer von SGBV zur Verfügung steht. Dafür arbeiten wir gemeinsam mit den Schutzbedürftigen, ihrer Aufnahmegemeinschaft und einer Reihe von Partnern aus unterschiedlichen Sektoren zusammen.
UNHCR drängt zudem auf gemeinsame europäische Anstrengungen, um die Todesfälle auf dem Mittelmeer durch die Schaffung sicherer Wege nach Europa zu verhindern.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag von dir als Protection Officer aus?
Mein Arbeitsalltag ist von Tag zu Tag sehr verschieden. In den letzten zehn Jahren habe ich als Protection oder Field Officer in diversen Ländern gearbeitet, hauptsächlich im ‚Feld‘ und in Kriseneinsätzen im Jemen, Pakistan, Jordanien, Ägypten, Irak, Somalia und Myanmar. Es ging darum, rechtliche, soziale und humanitäre Projekte und Hilfsprogramme für Flüchtlinge, Binnenvertriebene, Rückkehrer und Staatenlose aufzubauen oder zu betreuen.
Zurzeit arbeite im UNHCR-Länderbüro in Athen. Meine Aufgaben umfassen Koordinierung der ‚Community Based Protection‘ Aufgaben mit Kollegen in verschiedenen UNHCR Büros und Partner Organisationen im Land. Diese Arbeit umfasst Schulungen, Team- und Projekt-Management, Strategieentwicklung und Monitoring im Bereich Protection (z.B. als Leiter der Protection Arbeitsgruppe), Kommunikation mit Flüchtlingen, Menschen mit besonderen Bedürfnissen (Persons with Special Needs), Kinderschutz, Prävention sexueller Gewalt und anderen Bereichen wie Bildung und Gesundheit. Am liebsten fahre ich ins ‚field‘ um Projekte zu besuchen und mich mit Kollegen auszutauschen.
Was sind die größten Herausforderungen in deiner täglichen Arbeit?
Es gibt tägliche Herausforderungen in meiner Arbeit in allen Einsätzen, die ich bis jetzt hatte. Manchmal sind wir als UNHCR hilflos, wenn es wenige lokale Systeme gibt, die sich für den Schutz von Flüchtlingen einsetzen oder Flüchtlinge in lokale Systeme integrieren. Auch ist es schwierig, wenn wir in Ländern arbeiten, in denen Menschenrechte nicht respektiert werden.
Im Jemen ist vor unseren Augen ein Schlepperboot untergegangen und viele Flüchtlinge sind ertrunken. Das sind die schwierigsten Momente, aber auch, wenn wir Kollegen verlieren.
Rund zwei Jahre habe ich in Maungdaw in Myanmar gearbeitet. Eine meiner schwierigsten Erfahrungen war, die Flucht der Rohingyas aus Maungdaw mitzuerleben, wo ich fast zwei Jahre gewohnt und gearbeitet habe. Eine andere schwierige Aufgabe hatten wir im sogenannten Somaliland. Wir wollten die Flüchtlingsschule schließen und Flüchtlingskinder in öffentliche Schulen zu integrieren, sind dabei aber auf viel Widerstand gestoßen. Es hat ca. ein Jahr mit vielen Verhandlungen gedauert bis Flüchtlingskinder endlich öffentliche Schulen besuchen durften. Ein kleiner Schritt, aber ein großer Schritt für die Kinder und deren Zukunft.
In Somaliand hat es mir das Herz gebrochen, Flüchtlinge aus dem Jemen zu sehen, die so viele Flüchtlinge aus Somalia in den Jahren zuvor aufgenommen hatten. Diese Gewaltspiralen zu sehen und nutzlose Kriege, die nicht enden, ist schwierig für mich. Auch kann ich nicht verstehen, warum manche Menschen Flüchtlinge nicht aufnehmen möchten. Es kann uns allen doch passieren, fliehen zu müssen und wir haben ja auch alle einen Migrationshintergrund. Menschlichkeit sollte immer im Vordergrund stehen, ganz egal, von wo Menschen kommen. In vielen Momenten ist es das Team, das mir Rückhalt gibt.
Eine der größten Herausforderungen meiner täglichen Arbeit in Athen ist es zu erklären, wie wichtig Hilfe zur Selbsthilfe ist, so dass wir keine Abhängigkeit schaffen, sondern Flüchtlingen helfen, dass sie selbstständig werden. Eine weitere Herausforderung ist es, bessere Kommunikationsmechanismen aufzubauen, so dass Flüchtlinge in ihrer je eigenen Sprache informiert werden über ihre Rechte, Pflichten und unsere Projekte. Und zwar so, dass wir Flüchtlinge mit besonderen Bedürfnissen schnell identifizieren und unterstützen können.
Was war dein bisher schönster Moment beim UNHCR?
Es gibt so viele tolle Momente und so viele Lernerfahrungen. Einer der schönsten Momente ist es zu sehen, wenn Flüchtlinge wieder in ihr Heimatland rückkehren können, sofern dies freiwillig und in Sicherheit geschieht. Es war sehr herzergreifend, als wir den Flüchtlingskonvoi von Tansania nach Burundi im Jahre 2006 begleitet haben. Die Rückkehrer haben vor Freude geweint. Andere schöne Momente habe ich in diversen Projekten erlebt, wenn Flüchtlinge und örtliche Gemeinden Projekte zusammen durchführten. Es gibt so viele tolle Beispiele von Freiwilligen und aufgeschlossenen Menschen, die Flüchtlinge unterstützen.
UNHCR ist in 128 Ländern auf der ganzen Welt aktiv, in großen Städten oder abgelegenen und oft gefährlichen Orten. Gemeinsam arbeiten die Mitarbeiter von UNHCR, um vertriebenen Menschen auf der ganzen Welt zu helfen. Rund 88 Prozent arbeiten im Feld und helfen den Schutzbedürftigen unmittelbar vor Ort. Darunter auch einige Deutsche. Dieses Portrait ist Teil einer Interviewreihe, die deutsche Mitarbeiterund ihre Arbeit beim UNHCR vorstellt.
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