Last Updated: Friday, 26 May 2023, 13:32 GMT

X gegen den Bescheid des Bundesministers

Publisher Germany: Verwaltungsgericht
Publication Date 20 July 1988
Citation / Document Symbol Zl. 88/01/0089
Cite as X gegen den Bescheid des Bundesministers, Zl. 88/01/0089, Germany: Verwaltungsgericht, 20 July 1988, available at: https://www.refworld.org/cases,DEU_VERWALT2,3ae6b6fc14.html [accessed 27 May 2023]
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IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des X

gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 28. Oktober 1987, Zl. 216.513/4-II/6/87, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von § 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer, ein tschechoslowakischer Staatsangehöriger, reiste am 1. März 1986 legal, in das Bundesgebiet ein und stellte am 6. März 1986 Antrag auf Asylgewährung. In seiner niederschriftlichen Vernehmung vom 10. März 1986 vor Beamten der SicherheitsdIrektion für das Bundesland Niederösterreich begründete der Beschwerdeführer, der angegeben hatte deutsch zu sprechen, sein Ansuchen damit, er sei als Stellvertreter des Leiters eines Hotels bedrängt worden, der kommunistischen Partei beizutreten, wobei ihm bedeutet worden sei, er werde andernfalls keine Mittel für die Instandsetzung des reparaturbedürftigen Hotels erhalten. Er habe sich mit seiner Ehegattin geeinigt, sich scheiden zu lassen, und habe mit seiner derzeitigen Freundin keine Chance, innerhalb der nächsten zehn Jahre eine Wohnung zu erhalten. Die Erlaubnis zur Ausreise nach Österreich habe der Beschwerdeführer ohne Schwierigkeiten erlangt.

Mit Bescheid vom 21. Mai 1986 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich gemäß den §§ 1, 2 und 12 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, in der Fassung BGBl. Nr. 796/1974, über die Aufenthaltsberechtiguhg von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, fest, daß die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der genannten Konvention auf den Beschwerdeführer nicht zuträfen.

In der gegen diesen Bescheid. erhobenen Berufung bekräftigte der Beschwerdeführer seine schon im erstinstanzlichen Verfahren gemachten Angaben und brachee ergänzend vor, er sei von Mitarbeitern aufgefordert worden, mit seinen Kirchenbesuchen "aufzuhören", weil dies "für einen intelligenten Menschen unschicklich" sei. Aus Angst vor nicht näher beschriebenen Folgen habe der Beschwerdeführer seine Kirchenbesuche und Kontakte mit einem Kaplan in der Folge eingeschränkt. 1980 habe der Beschwerdeführer nach innerhalb eines Zeitraumes von vier Jahren wiederholt gestellten Ansuchen eine Devisenzusage für eine Auslandsreise unter der Bedingung erhalten seine Tochter zu Hause zu lassen. Im darauffolgenden Jahr habe er wieder ins Ausland verreisen wollen, doch sei ihm mit dem Bemerken, seine Ausreise liege nicht im Interesse der Republik, der Reisepaß "weggenommen" worden. Auf ein Ansuchen um Zuteilung einer Wohnung sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, daß die Wartezeit hiefür 12 bis 15 Jahre betrage und nur Parteimitglieder eine Chance hätten, eine Wohnung in Kürzerer Zeit zu erlangen.

Bei einer von der belangten Behörde veranlaßten ergänzenden Einvernahme des Beschwerdeführers am 1. April 1987 gab der Beschwerdefürhrer an, er habe die in der Berufung angeführten Gründe deshalb nicht alle bei seiner ersten Einvernahme vorgebracht, weil er sich der Wichtigkeit der Einvernahme nicht bewußt gewesen sei. Laut Angabe des die ergänzende Einvernahme leitenden Beamten sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen, das "Vater unser" wiederzugeben.

Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenem Bescheid gab die belangten Behörde der Berufung des Beschwerudeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Zur Begründung führte sie aus, auch sie sei bei genauer Prüfung zur Auffassuhg gelangt, daß der Beschwerdeführer keine Gründe habe geltend machen können, die eine Verfolgung aus den in der Genfer Konvention angeführten Gründen erkennen ließen. So habe der Beschwerdeführer trotz entsprechender Belehrung die Behauptung, aus religiösen Gründen ausgereist zu sein, erst in seiner Berufung angeführt. Diese Behauptung erscheine umsoweniger glaubwürdig, als es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sei, das "Vater unser" zu sprechen. In dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe unfreiwillig den Posten eines stellvertretenden Leiters eipes. Hotels annehmen müssen, könne ebensowenig eine Verfolgungshandlung erblickt werden wie in dem Umstand, daß Verbesserungsvorschläge des Beschwerdeführers abgelehnt worden seien. Die berufliche Laufbahn des Beschwerdeführers und der Umstand, daß er auch in der Deutschen Demokratischen Republik gearbeitet habe, deuteten auf ein systemkon formes Verhalten des Beschwerdeführers hin. Die Behauptung des Beschwerdeführers, zu einem Beitritt zur kommunistischen Partei gedrängt worden zu sein, erscheine nicht glaubhaft, weil die die tschechoslowakische kommunistische Partei eine Kaderpartei sei, in die Aufnahmewerber erst nach einer zweijährigen Anwartschaftsdauer aufgenommen würden. Auch wäre es dem Beschwerdeführer, der bereits im Jahr 1980 im westlichen Ausland gewesen sei, bei dieser Gelegenheit möglich gewesen, bei tatsächlichem Vorliegen entsprechender Gründe einen Asylantrag zu stellen. Auch die vom Beschwerdeführer angeführten Wohnungsprobleme könnten nicht als Verfolgung gewertet werden, weil die Mehrzahl der Staatsbürger des Heimatlandes des Beschwerdeführers vor diesen Problemen stünde. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Einschränkung der Möglichkeit, Auslandsreisen zu unternehmen, stelle ein systemimmanentes Faktum des Im Heimatland des Beschwerdeführers herrschenden Regimes dar und könnte nicht als individuelle Verfolgung gewertet werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung bzw. Abänderung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. Die Widersprüchlichkeiten zwischen dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor der Behörde erster Instanz und seinen Berufungsausführungen Seien auf seine "Ungegchicktheit im Verkehr mit Behörden" und auf seine Sprachschwierigkeiten zurückzuführen. Der Beschwerdeführer habe aber jedenfalls darauf hingewiesen, wegen seiner politischen und religiösen Einstellung unter "physischem" Druck seitens der Behörden seines Heimatlandes gestanden zu sein und Verfolgungshandlungen befürchtet zu haben. Aus einem der Beschwerde beigeschlossenen Urteil des Bezirksgerichtes vom 27. August 1986, mit welchem der Beschwerdeführer wegen Republikflucht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren verurteilt worden sei, sei zu ersehen, daß seine Befürchtungen berechtigt gewesen seien und er mit der Bedrohung seiner Freiheit wegen seiner politischen und religiösen Ein stellung rechnen müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 des Bundesgesetzes vom 7. März 1968, BGBl. Nr. 126, über die Aufenthaltsberechtigung von Flüchtlingen im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlange (Asylgesetz) in der Fassung. der Novelle BGBl. Nr. 796/1974, ist ein Fremder Flüchtling im. Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl.. Nr. 55/1955, unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschnitt C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der näher bezeichneten Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Die belangte Behörde ist auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu dem Schluß gekommen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers könnten keine Gründe entnommen werden, aus denen eine begründete Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung ersichtlich sei. Mit dem Beschwerdevorbringen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, daß die von der belangten Behorde zu seinen Behauptungen angestellten Überlegungen unschlüssig seien. Er vertritt nur ganz allgemein die Ansicht, die belangte Behörde sei, zu Unrecht davon ausgegangen die Voraussetzungen für die Gewährung des Asylrechtes seien bei ihm nicht gegeben. Entgegen dem nunmehr in der Beschwerde behaupteten "physischen" Druck durch die tschechoslowakischen Behörden hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren, wenn man von der kurzfristigen Abnahme seines Reisepasses durch ein Behördenorgan absieht, keinerlei gegen seine Person gerichtetes behördliches Handeln, sondern vielmehr vorwiegend seine Situation am Arbeitsplatz ins Treffen geführt. Hiebei ergibt sich, daß auch ohne Bedachtnahme auf - nach den Behauptungen des Beschwerdeführers teilweise auf sprachliche Schwierigkeiten zurückzuführende - Widersprüchlichkeiten zwischen dem Vorbringen vor der Behörde erster Instanz und den Berufungsausführungen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung und die von ihr hiezu angestellten Überlegungen schlüssig sind. Daran vermag auch die erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemachte Verurteilung des Beschwerdeführers. wegen Republikflucht nichts zu ändern, weil Bestrafungen wegen Übertretung paßrechtlicher und den Aufenthalt von Staatsbürgern im Ausland regelnder Vorschriften für sich allein keine Verfolgung im Sinne der Konvention sind.

Soweit der Beschwerdeführer den Antrag gestellt hat, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid abändern, ist er darauf hinzuweisen, daß im Verfahren über eine gemäß Art. 131 B-VG erhobene Beschwerde eine abändernde Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht vorgesehen ist.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war schin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über die Kosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 304/ Mai 1985, BGBl. Nr. 243, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshaf.

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