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Die Britin Margaret Kitchen Bruce ist die Frau auf dem ikonischen Foto der Geburtsstunde des wichtigsten Dokuments des Flüchtlingsschutzes.
Seit 70 Jahren hat das Bild der Unterzeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention bei UNHCR Kultstatus: der Moment, in dem der UN-Stempel auf der Flüchtlingskonvention von 1951 verewigt wurde.
Während die Identität der drei Männer am Tisch – darunter UNHCRs erster Flüchtlingshochkommissar, G.J. van Heuven Goedhart – seit langem bekannt ist, blieb der Name der Frau auf dem Foto lange unbekannt.
Sieben Jahrzehnte nach diesem historischen Tag ist das Rätsel nun gelöst. Margaret Kitchen Bruce war eine UN-Pionierin und lebenslange Verfechterin der Menschenrechte. Dank der akribischen Arbeit von UNHCRs Abteilung „Records & Archives“, einiger Nachforschungen von Archivar*innen im Palais de Nations in Genf und der UNO in New York sowie des Teams hinter dem in Kürze erscheinenden Buch „People Forced To Flee: History, Change and Challenge“ konnte sie identifiziert werden.
„Sie würde sich an jedem Unrecht festbeißen, das man wiedergutmachen könnte. Sie war der Meinung, wenn man die richtigen Leute mit den richtigen Zielen zusammenbringt, kann alles gelöst oder verbessert werden.“
Die 1918 in Yorkshire, im Vereinigten Königreich, geborene Margaret Kitchen war noch ein Teenager, als sie zum ersten Mal zeigte, dass ihr die Leidenschaft für Menschenrechte im Blut lag. Mitte der 1930er-Jahre schickte ihr Vater sie nach Frankreich und Deutschland, das damals unter der Naziherrschaft stand, um ihr Sprachtalent zu fördern. Sie wohnte bei einer Gastfamilie in Heidelberg und schlich sich nachts hinaus, um mit ein paar Kommilitonen die Hakenkreuze an den Wänden und Fenstern der Stadt zu übermalen.
Als sie zu ihrer eigenen Sicherheit zurück in ihre Heimat gerufen wurde, ging sie 1937 an die Universität Cambridge, um Sprachen zu studieren, bevor sie während des Zweiten Weltkriegs als Wissenschaftlerin für das britische Außenministerium arbeitete.
Margarets Karriere bei den Vereinten Nationen begann im November 1945, als sie für das Vorbereitungsteam der allerersten UN-Generalversammlung rekrutiert wurde, die Anfang des folgenden Jahres in London tagte. Sie teilte sich ein Büro mit dem Amerikaner William James Bruce, der auch ihr späterer Ehemann werden sollte.
Nach ihrem Umzug nach New York begann für Margaret eine drei Jahrzehnte währende Karriere bei der UNO. Als Sekretärin der Menschenrechtskommission arbeitete sie direkt mit der Vorsitzenden Eleanor Roosevelt bei der Ausarbeitung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zusammen, die am 10. Dezember 1948 von der UNO angenommen wurde.
Die frühere First Lady war eine Inspiration, wie Margaret in ihren Memoiren schreibt, denn sie war „beeindruckt von ihrer Präsenz und erstaunt über ihre grundlegende Bescheidenheit“. Anne Bruce, Margarets Tochter, sagte: „Sie hatte offensichtlich großen Respekt und Bewunderung für Eleanor Roosevelt, da sie so jung war, als sie für sie arbeitete, und ich denke, sie hat viel von Eleanors Fähigkeiten aufgesogen.“
Diese Fähigkeiten kamen zum Einsatz, als im Juli 1951 eine „Bevollmächtigtenkonferenz“ in Genf zusammentrat, um den Text der Flüchtlingskonvention fertigzustellen.
Die Rolle Margarets, die als stellvertretende Exekutivsekretärin der Konferenz fungierte, wurde von Knud Larsen, der die Verhandlungen leitete, gewürdigt. „Ich weiß, dass sie auf dieser Konferenz ihr Debüt gegeben hat, aber ich denke, sie hat sich wie ein Star verhalten“, sagte er in einer Rede vor den Delegierten. „Sie hat durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Interesse wesentlich dazu beigetragen, die gesamte Verwaltungsmaschinerie am Laufen zu halten.“
Margaret und William Bruce heirateten im Jahr 1952. Während einer Kreuzfahrt in den Flitterwochen lehnte Margaret an der Reling, als sie von einer weinenden jungen Frau auf der Suche nach einem offenen Ohr angesprochen wurde. Die Frau sagte, sie sei in einer arrangierten Ehe mit einem älteren Mann, der sie misshandelte.
Dadurch wurde ihr klar, dass all die legalistischen Debatten über Menschenrechtsgesetze keine abstrakte Angelegenheit sind, sondern in realen Leben und Erfahrungen verwurzelt sind. „Sie war sehr gut darin, die Männer, die die Gesetze entwarfen, darauf hinzuweisen“, sagt ihre Tochter Anne.
Zu ihren weiteren Aufgaben bei den Vereinten Nationen gehörte die Leitung der Internationalen Menschenrechtskonferenz im Jahr 1968, die Mitwirkung an der Ausarbeitung des Übereinkommens zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau und die Vertretung des UN-Generalsekretärs auf Menschenrechtskonferenzen in aller Welt. 1978 wurde sie mit dem Order of the British Empire ausgezeichnet – wie ihr Vater während des Krieges.
Nach ihrer Pensionierung spielte sie eine führende Rolle in der UN Association und machte die Öffentlichkeit auf die Arbeit und die Ziele der UN aufmerksam. „Sie war eine glühende Verfechterin der UNO“, sagte Anne. „Da sie den Krieg und ‚the Blitz‘ (Angriffe der deutschen Luftwaffe auf Großbritannien während der Luftschlacht um England) erlebt hatte und von Anfang an dabei war, konnte sie die Bedeutung der UNO überzeugend darstellen, und das tat sie auch.“
„Sie würde sich an jedem Unrecht festbeißen, das man wiedergutmachen könnte“, sagte Emily Sarokin, Margarets Enkelin. „Sie war der Meinung, wenn man die richtigen Leute mit den richtigen Zielen zusammenbringt, kann alles gelöst oder verbessert werden.“
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