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Eine deutsche Initiative bringt Neuankömmlinge und Freiwillige in Tandempartnerschaften zusammen.
BERLIN, Deutschland – Integration beruht auf Gegenseitigkeit, das haben die Freunde Fahed Khalili und Anne-Marie Schumann aus erster Hand gelernt. Seit ihrer ersten Begegnung vor einem Jahr konnte Fahed, Flüchtling aus Syrien, Anne-Marie sogar ein paar neue Dinge über ihre Heimat Deutschland beibringen.
Als sich die Beiden durch eine Berliner Integrationsinitiative kennen lernten, hatte Fahed noch Schwierigkeiten in der deutschen Gesellschaft Fuß zu fassen.
„Ich brauchte Hilfe bei der Wohnungssuche und bei Gängen zum Arbeitsamt“, sagt er. „Ich hoffte darauf, dass mir jemand aus Berlin helfen könnte.“
Fahed, 27, verließ seine Heimat Syrien, als die Kämpfe nahe seiner Wohnung in der westlichen Stadt Homs zunahmen. Mit seinem jüngeren Bruder kam er Anfang letzten Jahres nach Berlin. Beide waren erschöpft und orientierungslos nach ihrer gefährlichen Reise von Libyen nach Italien.
Durch soziale Netzwerke erfuhr Fahed von der deutschen Freiwilligen-Initiative Start with a Friend, die Asylsuchende mit Einheimischen in Tandems zusammenbringt. Eine Woche später traf er Anne-Marie auf einen Kaffee. Die Zwei wurden schnell Freunde, trafen sich regelmäßig und schrieben sich fast täglich.
Anne-Marie meldete sich bei der Initiative an, da sie es als einen guten Weg sah, Unterstützung zu leisten, ohne die Neuankömmlinge herablassend zu behandeln.
„Ich wollte eine Freundschaft aufbauen, bei der beide Beteiligten sich auf gleicher Ebene treffen.“, sagt Anne-Marie, eine 34-jährige Fachberaterin aus Leipzig. „Es war etwas komplett anderes als einfach seine alten Klamotten an arme und hilflose Neuankömmlinge zu verteilen. Es ging mehr darum, dass wir beide junge Menschen in Berlin sind; das hatten wir gemeinsam und wir wollten das Beste daraus machen.“
18 Monate gibt es Start with a Friend nun bereits, und die Organisation feierte gerade ihre 400. vermittelte Tandempartnerschaft. Die Idee, Flüchtlinge und Asylsuchende eins zu eins mit Einheimischen zusammenzubringen, kommt in Deutschland gut an. Mehr als eine Million Menschen kamen vergangenes Jahr nach Deutschland und die Integrationsbemühungen werden stets verstärkt. Seit Januar erhält die Initiative staatliche Förderung und hat nun sieben Vollzeitstellen in vier Städten.
Ein Austausch auf Augenhöhe
„Wir wollten nicht den alt bekannten Weg der Ad-hoc-Beihilfe gehen, bei dem Flüchtlinge oftmals in der Position der Opfer stecken bleiben“, sagt Nina Winzen. Sie leitet die Initiative in Berlin. „Wir wollten von Anfang an einen richtigen Austausch auf Augenhöhe. Wir wollten mehr als nur am Bahnhof stehen und Flüchtlinge willkommen heißen, wir wollen ihn dabei helfen ihr neues Leben hier aufzubauen.“
In der Praxis kann das alles bedeuten – vom Helfen beim Erlernen der deutschen Sprache bis zur Unterstützung bei der Bewältigung von bürokratischen Formalitäten. „Aber noch wichtiger ist es jemanden zu haben, den man auf einen Kaffee oder zu Partys einladen kann.“, sagt Winzen. „Es geht darum, jemanden in dein Leben und deine Freundesgruppe zu integrieren; deinen Tandempartner einfach in dein soziales Leben einzubinden.“
Fahed und Anne-Marie konnten beide von ihrer neu gewonnenen Freundschaft profitieren. „Fahed hat so schnell Deutsch gelernt, dass er mich in kürzester Zeit kaum noch dafür brauchte.“, erzählt Anne-Marie. „Also stellten wir uns gegenseitig unseren Familien und Freunden vor und luden uns gegenseitig zu Partys ein. Es war eher so, dass Fahed mich in seinen Freundeskreis aufnahm.“
Fahed, der im Internet viel über die deutsche Geschichte und Kultur gelesen hatte, nahm Anne-Marie mit zu einem Besuch in den Reichstag, das Gebäude des deutschen Bundestags. „Für mich ist der Reichstag ein Symbol deutscher Stärke“, sagt Fahed. „Obwohl er im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört wurde, wurde er trotzdem wieder aufgebaut. Ich hoffe, das gleiche gilt irgendwann auch für mein Land.“
Mit Anne-Maries Hilfe wurde Faheds Deutsch mit jedem Tag besser. Er bekam eine Wohnung, ihm wurde der Flüchtlingsstatus gewährt und er hofft noch Ende des Jahres sein Jurastudium wieder aufnehmen zu können. „Es ist sehr wichtig für mich, Kontakt zu Deutschen zu haben“, sagt er. „Wenn alle Flüchtlinge unter sich bleiben und keine Einheimischen kennen lernen, dann haben wir irgendwann zwei parallele Gesellschaften und das ist nicht gut.“
Das ist eine Warnung, die Fahed auch auf seinem Blog mit Neuankömmlingen teilt. „Ich rate den Leuten, sich nicht zu isolieren.“
Ein Weg in die deutsche Gesellschaft
Auch für Ramy Syriani, Palästinenser aus Syrien, der im Juli vergangenen Jahres nach Berlin kam, war Start with a Friend ein wertvolles Bindeglied in die deutsche Gesellschaft.
Ein paar Wochen nach seiner Ankunft registrierte er sich auf der Internetseite und traf so die Berlinerin Antonia Klein. Schon bald wurden sie Freunde.
„Am Anfang sprach ich kein Deutsch und nur ein bisschen Englisch, also brauchte ich Jemanden, der mir helfen konnte.“, sagt Ramy. „Ich wollte so schnell wie möglich Deutsch lernen, um mit meinem Studium fortfahren zu können. Es gehört auch zum Menschsein – miteinander reden zu wollen, in zwischenmenschlichem Kontakt miteinander zu stehen. Wenn ich auf der Straße einfach wildfremde Menschen angesprochen hätte, wäre das vielleicht komisch gewesen, aber mit Start with a Friend war es sehr einfach.“
Ramy, 25, ist Jurastudent aus Damaskus. Seine Familie kommt aus Palästina, aber lebte für viele Jahre in Syrien, allerdings ohne volle Staatsbürgerschaft.
Seine Berliner Ansprechpartnerin Antonia war sehr neugierig darauf, ihren neuen Nachbarn kennenzulernen. „Ich wollte Flüchtlinge persönlich kennen lernen und mehr darüber erfahren, was im Nahen Osten passiert“, sagt Antonia, 28-jährige Referendarin.
„Wenn du nicht mit jemandem sprichst, der diese Sachen persönlich erlebt hat, wirst du es nie verstehen. Als ich Ramy das erste Mal traf, war ich ein bisschen nervös. Ich wusste nicht, ob ich lieber nicht nach bestimmten Sachen fragen sollte. Aber letztendlich hat er alle Fragen gestellt und es verlief alles sehr natürlich.“
Die Beiden stellten sich schnell gegenseitig ihren Freunden und Familien vor. Ramy zog mit anderen Deutschen zusammen und begann einen Sprachkurs. Schon bald konnte er sich mit Antonia und ihren Freunden problemlos auf Deutsch unterhalten. Drei von Antonias Freunden waren so inspiriert, dass sie sich auch bei der Initiative anmeldeten.
Für Ramy, der bereits Opfer rassistischer Beleidigungen auf Berlins Straßen wurde, ist es sehr wichtig diese Art gegenseitigen Verständnisses zu fördern. „Nach den Anschlägen in Brüssel und in Paris, fingen die Leute an mich anders zu behandeln wenn ich ihnen sagte, ich komme aus Syrien.“, erzählt er. „Das tut wirklich sehr weh.“
„So viele Menschen hier kennen niemanden aus dem Nahen Osten oder aus Afrika, das ist das Problem.“, fügt Antonia hinzu. „Ich finde, jeder Flüchtling sollte Teil eines Tandems werden, das würde eine Menge Probleme lösen. Die Menschen vergessen oftmals die einzelnen Schicksale, sie denken nur an die große Gruppe, aber wenn sie merken, dass Flüchtlinge ganz normale Menschen sind, dann haben sie weniger Angst.“
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