Berichte zum Postulat Feri: ein Schritt zu einem besseren Schutz von Flüchtlingsfrauen in der Schweiz
UNHCR begrüsst die Verabschiedung des Bundesratsberichts vom 16. Oktober 2019 zur Umsetzung des Postulates Feri 16.3407 und die darin vorgesehenen Verbesserungen für Flüchtlingsfrauen in der Schweiz. UNHCR betont jedoch, dass weitere frauenspezifische Schutzmassnahmen notwendig sind. Wichtig ist insbesondere eine Umsetzung der vorgestellten Berichte, die alle beteiligten AkteurInnen einschliesst und alle analysierten Handlungsfelder umfasst.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge weltweit sind Frauen und Mädchen. Diese können aus den gleichen Gründen verfolgt werden wie Männer. Sie sind jedoch auch mit zusätzlichen Risiken konfrontiert, beispielsweise mit bestimmten Formen von geschlechterspezifischer und sexueller Gewalt. Um die Situation dieser spezifischen Gruppe von Schutzbedürftigen zu untersuchen, hat Nationalrätin Yvonne Feri 2016 ein Postulat (Po 16.3407) eingereicht. Dieses fordert den Bundesrat dazu auf, die Situation von Flüchtlingsfrauen und -mädchen im Schweizer Asylsystem in Bezug auf deren Unterbringung und Betreuung sowie die Behandlung und Unterstützung Opfern von sexueller Gewalt zu analysieren.
Die Annahme des auf Basis des Postulats entworfenen Bundesratsbericht zeigt, dass geschlechterspezifische Massnahmen im Schweizer Asylsystem erforderlich sind. UNHCR begrüsst daher, dass bereits während der Erstellung des Berichtes konkrete Verbesserungen eingeleitet worden sind. Dieser Prozess muss jedoch fortgesetzt werden.
Der Bundesratsbericht wird durch einen ausführlichen Amtsbericht des Staatssekretariats für Migration (SEM) sowie einer Analyse der kantonalen Situation durch das Schweizer Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) ergänzt. UNHCR begrüsst den Detaillierungsgrad des Amtsberichtes. Dieser identifiziert relevante Handlungsfelder im Bereich der Unterbringung und Unterstützung von Flüchtlingsfrauen und Opfern von sexueller Gewalt sowie sexueller und reproduktiver Gesundheit. Auf dieser Grundlage werden spezifische Empfehlungen formuliert. Dies wird ergänzt durch die umfassende Analyse der Situation in den Kantonen des SKMR-Berichtes, welcher namentlich erhebliche regionale Unterschiede in Bezug auf die Identifizierung von besonderen Bedürfnissen, frauenspezifischer Unterbringung und Ausbildung sowie Gesundheitsversorgung feststellt. Diese drei Berichte sind entsprechend als Einheit zu verstehen, die zusammen ein Gesamtbild ergeben. Alle drei sind daher für die Umsetzung von den notwendigen Massnahmen gleichermassen relevant.
«Diese Berichte bilden eine gute Grundlage für die Entwicklung einer konkreten Strategie um die identifizierten Lücken auf Bundes- und Kantonsebene anzugehen. Erforderlich ist ein detaillierter Umsetzungsplan, der unter Einbeziehung aller Akteure, Frauen und Mädchen inbegriffen, konzipiert werden sollte.»
Anja Klug, Leiterin des UNHCR-Büros für die Schweiz und Liechtenstein
Zur Erinnerung: Die wichtigsten UNHCR-Empfehlungen zu Frauen und Mädchen sowie Opfern sexueller Gewalt im Asylbereich sind:
- Das Erkennen von besonderen Bedürfnissen: Um den besonderen Bedürfnissen von Personen im Asylbereich gerecht zu werden, müssen diese so früh wie möglich systematisch und proaktiv festgestellt werden. Dafür ist die Einführung von standardisierten Instrumenten und festgelegten Prozessen und Rollen notwendig. Dies gilt insbesondere für die Identifizierung von Opfern sexueller Gewalt, da hiervon nach Schätzungen von Fachorganisationen weit mehr als die Hälfte aller Frauen und Mädchen im Asylbereich betroffen sind.
- Die Berücksichtigung von besonderen Bedürfnissen: Frauenspezifische Bedürfnisse müssen – auf Bundesebene als auch in den Kantonen – bei der Unterbringung, Unterstützung, Betreuung, Gesundheitsversorgung und Integration, als auch im Asylverfahren berücksichtigt werden. Wichtig sind dabei auch regelmässige und verpflichtende Schulungen und Weiterbildungen zu geschlechtsspezifischen Themen für alle AkteurInnen.
- Die Identifizierung und Behandlung von Opfern sexueller Gewalt: Die Berichte unterstreichen deutlich den Handlungsbedarf bei der Identifizierung und Unterstützung von Opfern sexueller Gewalt im Asylbereich – sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene. Dieser ergibt sich aus den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, insbesondere der Istanbul-Konvention. Gewaltopfern wird darin eine medizinische, psychologische, rechtliche und materielle Unterstützung garantiert. Es ist daher wichtig, dass alle Opfer von Gewalt – unabhängig von ihrem Aufenthaltsrecht und des Ortes der Gewalttat – von einer solchen spezialisierten Unterstützung profitieren können.
Die Annahme der drei Berichte stellt einen wichtigen Beitrag zur Anerkennung und Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Flüchtlingsfrauen und Opfern sexueller Gewalt im schweizerischen Asylsystem dar. Sie zeigen aber auch klar auf, wieviel noch getan werden muss, um eine angemessene Unterstützung und Betreuung gemäss der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz zu gewährleisten.
Dokumentation
- Bundesratsentscheid
- Amtsbericht des Staatssekretariats für Migration
- Bericht vom Schweizer Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR)
- Weitere Informationen sind auf der Webseite der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration sowie auf der Webseite von Terre des Femmes Schweiz zu finden
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen