Flüchtlingscamps & alternative Unterkünfte

Grundversorgung in Flüchtlingscamps

Für rund 40 Prozent der Vertriebenen sind Camps der erste sichere Zufluchtsort. Manchmal bestehen diese nur für ein paar Monate, in einigen Situationen jedoch leider über mehrere Jahrzehnte – wie die Flüchtlingscamps von Tinduf in Algerien, oder die Camps von Dadaab und Kakuma in Kenia, wo Flüchtlinge bereits seit mehreren Generationen leben.

 

Oktober 2011 – Kenia. Diese Luftaufnahme zeigt einen Teil der Flüchtlingssiedlung Dadaab in Kenia. © Brendan Bannon/IOM/UNHCR

Bei ihrer Ankunft in einem Camp werden die Flüchtlinge registriert und erhalten eine Identitätskarte. Zur Grundversorgung gehören je nach Familiengrösse ausserdem Zelte, Decken, Matratzen, Plastikplanen, Kochgeschirr und Wasserkanister sowie Rationskarten für Nahrungsmittel. Alle diese Hilfsgüter kann UNHCR binnen 72 Stunden an jeden Ort bringen. UNHCR stellt in der Regel pro Jahr rund 70.000 bis 100.000 Zelte und rund 2 Millionen m² Plastikplanen für Flüchtlingssituationen zur Verfügung. Die Sicherstellung von Unterkünften gehört somit zu den wichtigsten Initiativen von UNHCR: Im Durchschnitt gibt die Organisation rund 300 Millionen Dollar pro Jahr für Unterkünfte und rund 670 Millionen Dollar für Nichtnahrungsmittel aus. Hierzu gehören vor allem Zelte und Plastikplanen.

 

Verschiedene Unterkunftsarten

Schutzbedürftigen Personen eine Unterbringung zu ermöglichen, ist ein besonders sichtbarer Bereich der Arbeit von UNHCR. Diese Massnahme ist ausserdem für viele Menschen lebensrettend. Angemessene Unterkünfte sind für die persönliche Sicherheit, den Schutz vor Krankheiten und Wetterverhältnissen unverzichtbar. Auch für den Familienzusammenhalt und das Gemeinschaftsleben ist die Art und Qualität der Unterbringung entscheidend. Schutzbedürftigen wird so eine erste Grundlage gegeben, auf der sie sich ihr Leben neu aufbauen können.

 

März 2018 – Kenia. Äthiopische Flüchtlinge suchen in ihrer temporären Behausung im Flüchtlingscamp Moyale im Marsabit County in Kenia Schutz vor einem Gewitter. ©UNHCR/Will Swanson

Im Durchschnitt besteht eine Flüchtlingssiedlung ungefähr 12 Jahre. Diese Zahl verdeutlicht, wie wichtig es ist, in nachhaltige Siedlungen und Unterkünfte zu investieren. Für eine bessere Umsetzung stimmt UNHCR Siedlungen und Unterkünfte auf lokale und nationale Entwicklungsprojekte ab. Für die Nachhaltigkeit dieser Siedlungen sind Entscheidungen, die am Anfang in Bezug auf die Zuständigkeiten und die Planung getroffen werden, richtungsweisend. Diese Ziele entsprechen auch der Handlungsanleitung des Globalen Pakts für Flüchtlinge, der aus der 2016 New Yorker Erklärung hervorging.

 

März 2018 – Syrien. UNHCR stellt den Vertriebenen von Afrin in Nubul eine Unterkunft zur Verfügung. © UNHCR/H. Maarouf

Flüchtlingscamps können ganz unterschiedliche Formen annehmen. Viele kennen die Bilder von Zeltstädten, in denen sich meistens eine Familie ein Zelt teilt. Manchmal können solche Zelte nach einigen Jahren durch etwas stabilere Häuschen oder Container ersetzt werden. In anderen Gegenden – wo z. B. der Anteil der nomadischen Bevölkerung besonders hoch ist – bekommen Flüchtlinge Holz und Plastikplanen zur Verfügung gestellt, um sich selbst eine Behausung zu bauen, welche die lokalen Bautechniken und Klimaverhältnisse berücksichtigt.

 

November 2015 – Griechenland. Mitarbeiter von UNHCR bauen temporäre Behausungen, sogenannte“Refugee Housing Units“, an der Küste von Lesbos auf, um ankommenden Flüchtlingen sofortige Hilfe anbieten zu können. © UNHCR/A. Zavillis

 

Alternativen zu Flüchtlingscamps

Das Leben in geschlossenen, vom Rest der Gesellschaft isolierten Flüchtlingscamps kann dazu führen, dass Flüchtlinge von der humanitären Hilfe abhängig werden. Dies schränkt ihre Fähigkeiten ein, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Oft verschlimmert diese Situation auch das durch die Vertreibung erlittene Trauma. Für UNHCR sind deshalb Alternativen zu Flüchtlingscamps eine wichtige Priorität. Sie ermöglichen Flüchtlingen ein Leben in Würde und Unabhängigkeit – als integrierte Mitglieder der Gemeinschaft.

Diese Alternativen sind sehr vielfältig: Flüchtlingen können etwa Grundstücke oder Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden, entweder zeitweilig oder dauerhaft, gegen Bezahlung oder kostenlos. In Uganda beispielsweise stellte die Regierung – wie dies der Globale Pakt für Flüchtlinge vorschlägt – vielen Flüchtlingen Grundstücke zum Wohnbau und zur Landwirtschaft zur Verfügung, sodass sie für sich selbst sorgen können. Die Umsetzung solcher Alternativen hängt von den Rechten ab, die der Aufenthaltsstaat den Flüchtlingen gewährt.

 

November 2015 – Uganda. Im Dorf Kashojwa, von seinen Bewohnern „Bujumbura“ genannt, stellt die Regierung den Flüchtlingen aus Burundi kleine Grundstücke zur Verfügung, damit diese Landwirtschaft betreiben können. © UNHCR/F. Noy

UNHCR arbeitet zur Stärkung der lokalen Infrastrukturen mit vielen Akteuren zusammen – zum Beispiel im Bildungs- und Gesundheitswesen. Durch die Bündelung verschiedener Initiativen und Akteuren werden die Integration der Flüchtlinge sowie deren Akzeptanz durch die Aufnahmegesellschaften gefördert. Wichtig ist, dass die Existenz von Schutzbedürftigen nachhaltig gesichert und ihre Unabhängigkeit von humanitärer Hilfe gefördert wird.

 

Oktober 2018 – Griechenland. Diese junge Asylsuchende und ihr Kind erhielten in Thessaloniki dank dem Programm ESTIA, geleitet von UNHCR und der EU, eine Unterkunft und Bargeldhilfe. © HCR/A. Zavallis

Seit seiner Gründung stellt UNHCR Unterkünfte für Menschen auf der Flucht bereit. Früher wurden häufig Camps sowie weitere provisorische Unterkünfte aufgebaut. In den letzten Jahren flüchteten aber immer mehr Flüchtlinge in urbane Räume (etwa 58%), da Städte mehr Arbeitsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven bieten. Dies erforderte Anpassungen in der Art der humanitären Hilfe, insbesondere bei der Verteilung von Hilfsmitteln: In der Vergangenheit erfolgte humanitäre Hilfe durch standardisierte Sachleistungen – zum Beispiel durch die Verteilung von Nahrungsmitteln. Heutzutage versucht UNHCR zunehmend, finanzielle Unterstützungsmassnahmen und –programme, sogenannte Bargeldhilfen oder „Cash-based interventions (CBI)“, anzubieten.

Wenn Bargeldhilfe-Massnahmen richtig angewandt werden, können Risiken reduziert und Hilfsprogramme effizienter gestaltet werden. Diese Massnahmen ermöglichen eine angemessenere Unterstützung von Flüchtlingen in urbanen Räumen, sind aber auch ausserhalb von Städten einsetzbar. Sie tragen dazu bei, Flüchtlingen mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung auf ihrem Weg des Neubeginns anzubieten.