Unter Integration versteht man die zunehmende Teilnahme von Flüchtlingen am Leben in der Aufnahmegemeinschaft bis hin zum Erwerb der Staatsangehörigkeit. Es ist ein wechselseitiger Vorgang: Sowohl die Betroffenen selbst als auch die Aufnahmegesellschaft sind gefragt und wirken bei der Integration mit. Schätzungen von UNHCR zufolge konnten allein im letzten Jahrzehnt mehr als 1,1 Millionen Flüchtlinge nach erfolgreicher Integration die Staatsangehörigkeit ihres Aufnahmestaates erwerben.
Der Aufnahmestaat ist in erster Linie für die Gestaltung der Rahmenbedingungen für die Integration von neuangekommenen Flüchtlingen zuständig. Dabei sind die Staaten an internationale Vorgaben gebunden. Wichtig ist hier vor allem die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die detailliert regelt, welche Rechte ein Flüchtling im Aufenthaltsstaat hat und die Vertragsstaaten verpflichtet, die „Eingliederung und Einbürgerung der Flüchtlinge“ soweit wie möglich zu erleichtern (Art. 34 GFK).
UNHCR unterstützt Staaten auf der ganzen Welt darin, bestmögliche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Integrationsprozess in den Aufnahmestaaten bereitzustellen. Dies geschieht indem Integrationsgesetze und Richtlinien in Einklang mit internationalen Standards gebracht werden und integrationsfördernde soziale Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Möglichkeit der Familienzusammenführung, geschaffen werden.
Die Aufnahmegesellschaft kann die Integration von Flüchtlingen ausserdem dadurch fördern, dass sie die Menschen beim Erlernen der Sprache unterstützt, den Einstieg in den Arbeitsmarkt erleichtert sowie Hilfestellung bei der gesellschaftlichen Integration gibt.
Auch die Flüchtlinge können und müssen ihren Beitrag zum Integrationsprozess leisten. Selbstverständlich ist, dass sie sich an die Gesetze und Vorschriften des Aufenthaltsstaates halten. Darüber hinaus müssen sie Willen und Bereitschaft zur Integration mitbringen. Dies kann herausfordernd sein, denn es verlangt die Geduld, sich erneut Ziele erarbeiten zu müssen, die man bereits im vergangenen Leben erreicht hatte wie der Spracherwerb, der Aufbau eines sozialen Netzwerkes oder die berufliche Qualifikation. Besonders schwierig ist dies für Menschen, die traumatische Erlebnisse erfahren haben.
Haben Flüchtlinge die Möglichkeit, an der Erarbeitung von Integrationsangeboten selbst mitzuarbeiten, können sie sich mit diesen besser identifizieren. Wenn sie zusätzlich dazu von umfassenden, geeigneten Integrationsmassnahmen profitieren können, werden sie im Interesse der ganzen Gesellschaft schneller befähigt, Fuss zu fassen und am Wohlstand ihrer Aufnahmegesellschaft teilzuhaben. Das ist der Grundgedanke des von UNHCR vertretenen Konzepts des sogenannten community-based approach: Dieser versteht Asylsuchende und Flüchtlinge nicht als passive Hilfeempfänger, sondern als eigenverantwortliche und mitgestaltende Akteure. Durch ihre umfassende Teilnahme in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft, bauen sie sich eine stabile und selbstbestimmte Zukunft auf und können sich so besser in die Aufnahmegesellschaft integrieren. Community-based approaches stehen im Mittelpunkt des im Dezember 2018 verabschiedeten Globalen Paktes für Flüchtlinge und des umfassenden Rahmenplans für Flüchtlingshilfemassnahmen (CRRF). Deren Ziel ist es, Flüchtlinge aus der Abhängigkeit von humanitärer Hilfe zu befreien und ihnen zu helfen, eigenständig für sich selbst und ihre Familien sorgen zu können.
Integration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen in der Schweiz
In der Schweiz teilen sich Bund und Kantone die Zuständigkeit im Bereich Integration. Der Bund zahlt den Kantonen für jeden anerkannten Flüchtling und jede vorläufig aufgenommene Person eine einmalige Integrationspauschale. Da die Kantone für die Umsetzung verantwortlich sind, bestimmen deren Integrations- und Sozialhilfegesetze sowie Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen über die Ausgestaltung des Integrationsbereichs.
Infolgedessen sind die Zuständigkeiten, das Integrationsangebot und die Betreuung von Kanton zu Kanton unterschiedlich, namentlich individuelle und professionelle Begleitung, Sprachunterricht, Bildungsangebote, Arbeitsmarktintegration und soziale Integration. Durch die Verabschiedung der Integrationsagenda im April 2018 wurde die Verdreifachung der Integrationspauschale des Bundes festgelegt. Dies ermöglicht eine frühzeitige und intensivierte Integrationsförderung von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen. Die Kantone stehen nun in der Pflicht, die Integrationsleistungen auszubauen und bisherige Massnahmen zu verstärken.
UNHCR begrüsst die neue Integrationsagenda, da sie durch eine frühzeitige und intensivierte Integrationsförderung Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen bessere Zukunftsperspektiven ermöglicht.
Empfehlungen von UNHCR zur Integration
In der Schweiz setzt sich UNHCR für Rahmenbedingungen ein, welche für die Integration förderlich sind. Hierzu gehören:
- eine am Flüchtlingsbegriff der Genfer Flüchtlingskonvention orientierte Gewährung von Asyl und die Einführung eines subsidiären Schutzstatus, um Schutzbedürftigen durch einen stabilen Status echte Integrationsperspektiven anzubieten;
- eine Integration, die möglichst früh einsetzt. Ein frühzeitiger Spracherwerb sowie der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit sind Schlüssel zur Integration;
- die Möglichkeit für alle Schutzbedürftigen, mit ihrer Familie in der Schweiz zu leben;
- die Abschaffung gesetzlicher und praktischer Hürden für die Integration (Möglichkeit des Kantonswechsels, Einschränkung des administrativen Aufwandes zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, usw.);
- die Berücksichtigung besonderer Bedürfnisse von Frauen, Kindern, Menschen mit Behinderungen sowie von allen weiteren spezifischen Bevölkerungsgruppen im Integrationsprozess.
Darüber hinaus fördert UNHCR im Rahmen konkreter Projekte partizipative Ansätze und wirkt dadurch auf eine frühzeitige systematische Einbeziehung von Flüchtlingen in den Integrationsprozess hin. 2014 hat das UNHCR Büro für die Schweiz und Liechtenstein in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern eine Studie zur Integration von Flüchtlingen im Arbeitsmarkt veröffentlicht. Die Studie hebt unter anderem die Bedeutung eines frühzeitigen Zugangs zu Sprachkursen, der Anerkennung von Kompetenzen und Qualifikationen und der sozialen Integration hervor. Eine frühzeitige Förderung der Integration schafft Vertrauen, sowohl bei der Aufnahmegesellschaft als auch bei den Schutzbedürftigen, sodass diese schneller Fuss fassen, eine Arbeit finden oder Bildungsangebote wahrnehmen können.
Die Freiwilligenarbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen oder Einzelner kann staatliche Integrationsmassnahmen unterstützen. Jede und jeder kann etwas für die Integration von Flüchtlingen und anderen Schutzbedürftigen tun. Anregungen dazu finden Sie unter Initiativen in der Schweiz und Liechtenstein.
Lesen Sie zu dieser Thematik auch unsere Geschichten “Nähen und Anschluss finden”, “Eritreische Küche am Altdorfer Stammtisch” und “Der Schlittenbauer aus Sri Lanka”.
UNHCR Dokumente zur Integration in der Schweiz
UNHCR-Stellungnahme
Stellungnahme zur Änderung der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE) und zur Totalrevision der Verordnung über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern (VIntA).
Studie Arbeitsmarktintegration
Der vorliegende Bericht, der auf einem Projekt mit der Hochschule Luzern basiert, bietet einen Einblick in die Thematik aus der Perspektive der Betroffenen.
Fazit und Empfehlungen der Studie Arbeitsmarktintegration
In diesem Dokument finden Sie das Fazit und Empfehlungen, die aus der Studie Arbeitsmarktintegration hervorgegangen sind.
Weitere Informationen zur Integration in der Schweiz
Integrationsagenda Schweiz
Auf der offiziellen Webseite des SEM finden Sie eine Übersicht mit weiteren Links zur Integrationsagenda Schweiz.
Faktenblatt: Die Integrationsagenda kurz erklärt
In diesem Dokument finden Sie die wichtigsten Ziele und Inhalte der Integrationsagenda kurz erklärt.
EKM-Seite zur Integration
Die Eidgenössische Kommission für Migration (EKM) stellt Informationen zum Thema Integration in der Schweiz zur Verfügung.
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe zur Arbeitsintegration
Lesen Sie auf der offiziellen Webseite der SFH mehr über die Arbeitsintegration von Asylsuchenden, vorläufig aufgenommenen Personen und anerkannten Flüchtlingen in der Schweiz.
Kantonale Integrationsprogramme
Seit 1. Januar 2014 verfügt jeder Kanton über ein kantonales Integrationsprogramm (KIP), in dem alle Massnahmen der spezifischen Integrationsförderung gebündelt werden.
Beispiel: Integrationsprogramm von Graubünden
Lernen Sie mehr über kantonale Integrationsprogramme anhand des Beispiels vom Kanton Graubünden.