Flucht, verursacht durch Verfolgung oder willkürliche Gewalt in Zusammenhang mit Konfliktsituationen, ist stets mit grossem Leid verbunden. Werden dabei Familien auseinandergerissen, ist dies für die Betroffenen kaum zu ertragen. Sobald Flüchtlinge und andere international Schutzbedürftige in einem sicheren Aufnahmeland angekommen sind, ist die Familienvereinigung daher ihr vordringlichster Wunsch. Diese stellt einen wichtigen Schritt zurück zu einem normalen Leben dar und ist unabdingbar für eine erfolgreiche Integration.
Die Bedeutung der Familie und die Notwendigkeit diese zu schützen ist universal anerkannt. Internationale Menschenrechtsverträge wie zum Beispiel der Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), die Kinderrechtskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention gewährleisten deren Schutz unabhängig von Staatsangehörigkeit und Status der Familienmitglieder. Der flüchtlingsvölkerrechtliche Grundsatz der Familieneinheit, den die Vertragsstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention, darunter die Schweiz, in die Genfer Flüchtlingskonvention aufgenommen haben, geht speziell auf die Situation von Flüchtlingsfamilien ein.
Dennoch schränken verschiedene Staaten in Europa den Familiennachzug für Flüchtlinge zunehmend ein. Dies bringt ein im Juni 2017 veröffentlichtes Themenpapier des Menschenrechtskommissars des Europarates zutage, das untersucht, inwiefern die Praxis europäischer Staaten kompatibel mit menschenrechtlichen Standards ist. Trotz solider Verankerung im internationalen wie auch nationalen Recht wird auch in der Schweiz das Recht auf Achtung des Familienlebens von Flüchtlingen aber insbesondere auch von vorläufig Aufgenommenen zunehmend in Frage gestellt. Dies zeigt eine im November 2017 veröffentlichte Studie des Centre Suisse pour la Défense des Droits des Migrants (CSDM), welche mit Unterstützung von UNHCR verfasst worden ist.
Am Dienstag, 21. November 2017 hat eine Tagung über «Die Achtung der Familieneinheit von Flüchtlingen in der Schweiz – Werden menschenrechtliche Standards beachtet?» in Bern stattgefunden. Es wurde vom Centre Suisse pour la Défense des Droits des Migrants (CSDM) und dem UNHCR Büro für die Schweiz und Liechtenstein organisiert. Die Tagung hat die Möglichkeit geboten, die Ergebnisse beider Studien mit ExpertInnen und PraktikerInnen im Beisein von Nils Muižnieks, Menschenrechtskommissar des Europarates zu diskutieren (siehe sein Interview im Tages Anzeiger).
UNHCR setzt sich dafür ein, dass die gesetzlichen Grundlagen für die Familienzusammenführung nicht weiter verschärft werden (UNHCR Fact Sheet), sondern dass diese sowie deren Umsetzung in der Praxis in Einklang mit den von der Schweiz eingegangenen menschenrechtlichen Verpflichtungen gebracht werden. UNHCR arbeitet in diesem Bereich mit verschiedenen Partnern zusammen wie dem Schweizerischen Roten Kreuz, dem CSDM, dem Internationalen Sozialdienst Schweiz sowie der Anwaltschaft.
Einen Überblick, wie der Familiennachzug für verschiedene Personen des Asylbereichs in der Schweiz geregelt ist, findet sich bei der Schweizerischen Flüchtlingshilfe.
Lesen Sie zu dieser Thematik auch unsere Geschichte ‘Familienzusammenführung mit Hürden’.