UNHCR-Bericht zeigt Benachteiligung von Flüchtlingsmädchen im Bildungsbereich auf

Mädchen können nur halb so oft eine Schule der Sekundarstufe besuchen, wie Jungen im selben Alter.

Nur Kalima (11) besucht eine von UNHCR gegründete Schule im Kutupalong Flüchtlingslager. Wegen sozialem Druck, früher Heirat oder weil sie ihren Eltern bei der Hausarbeit helfen müssen, ist für viele Rohingya Mädchen der Zugang zu weiterführender Schulbildung erschwert. © UNHCR/Roger Arnold

GENF, Schweiz – „Her turn – jetzt sind die Mädchen an der Reihe!“ Der aktuelle Bericht von UNHCR zeigt, dass Mädchen nur halb so oft eine Schule der Sekundarstufe besuchen können, wie Jungen im selben Alter. Mädchen machen jedoch die Hälfte aller Flüchtlingskinder im Schulalter aus.

Zugang zu Bildung ist ein Menschenrecht. Für Millionen Flüchtlingsfrauen und Flüchtlingskinder ist Bildung jedoch mehr Traum als Realität.

Einen Platz im Klassenzimmer zu haben ist für Flüchtlingskinder um ein Vielfaches schwieriger, als für ihre Altersgenossen, die nicht flüchten mussten. Für Flüchtlingsmädchen ist es sogar noch schwieriger einen solchen Platz zu bekommen und ihn auch zu behalten. Wenn sie älter werden, sind Flüchtlingsmädchen verstärkt mit Marginalisierung konfrontiert und die Kluft zwischen den Geschlechtern wird in der Sekundarstufe immer größer.

„Es ist hoch an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft die Ungerechtigkeit anerkennt, Flüchtlingsmädchen und – frauen das Recht auf Bildung zu verwehren“, so UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. „Diese Ergebnisse sind ein globaler Weckruf und ich fordere alle auf, mit uns gemeinsam lautstark zu fordern: ‚ Her turn – jetzt sind die Mädchen an der Reihe!“

Der UNHCR-Bericht zeigt auf, dass soziale und kulturelle Konventionen zu einer Bevorzugung von Jungen gegenüber Mädchen führen, wenn es um Bildung geht. Darüber hinaus können schlechte Ausstattung der Schulen, wie das Fehlen von geeigneten Toiletten oder Menstruationshygieneartikel, Mädchen davon abhalten, eine Schule zu besuchen.

„Um Lösungen für die Herausforderungen von Mädchen zu finden, die sich nichts mehr wünschen, als in die Schule zu gehen, braucht es Einsatz über alle Institutionsgrenzen hinweg – von nationalen Bildungsministerien, über Ausbildungsinstitutionen für Lehrende bis zu den Gemeinden und Klassenzimmern“, fügt Grandi hinzu.

Um mehr Flüchtlingsmädchen zu qualitativ hochwertiger Bildung zu verhelfen, hat UNHCR in seinem Bericht eine Reihe von effizienten und umsetzbaren Maßnahmen und strukturellen Änderungen zusammengetragen.

So ist die Wahrscheinlichkeit, dass Flüchtlingskinder längerfristig eine Schule besuchen dürfen, höher, wenn ihre Eltern die Möglichkeit haben, zu arbeiten und damit für die Familie zu sorgen.

Kein Mädchen sollte von Bildung ausgeschlossen werden, nur weil der Schulweg zu weit oder zu gefährlich ist. Flüchtlingsmädchen brauchen besseren Schutz vor sexuellen Übergriffen, Belästigungen oder Entführungen, die in vielen Teilen der Welt am Weg zur Schule passieren.

Es besteht auch ein dringender Bedarf an der Rekrutierung und Ausbildung von mehr weiblichen Lehrkräften sowohl in der Aufnahmegesellschaft als auch innerhalb der Flüchtlingsgemeinschaft, um sicherzustellen, dass sie bewährte Praktiken fördern und Verhaltensweisen verhindern, die Mädchen davon abhalten, den Unterricht zu besuchen.

Der Bericht zeigt außerdem auf, dass qualitative Bildung auch zum Schutz der Flüchtlingsmädchen beiträgt. Bildung reduziert die Gefahr der Ausbeutung, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, Teenagerschwangerschaft und Kinderheirat. Wenn alle Frauen eine Ausbildung auf Primarstufe erhielten, würden außerdem auch Todesfälle von Kindern durch Durchfall, Malaria und Lungenentzündung abnehmen.

Bildung stärkt und bestärkt. Je weiter Mädchen auf ihrem Bildungsweg kommen, umso besser können sie Fähigkeiten wie Resilienz, unternehmerisches Verständnis oder Führungskompetenzen entwickeln.

Die Geschichten jener Mädchen, die im Bericht zu Wort kommen, veranschaulichen diese positiven Faktoren und die Vorteile von Bildung – von den Jugendlichen aus Burundi und Ruanda, die gemeinsam die Schule besuchen und trotz der belasteten Vergangenheit beider Länder Freunde geworden sind, über eine Lehrerin, die zur Minderheit der Rohingya gehört, und die ihre Abende dem Unterricht jener Neuankömmlinge widmet, die vor der Gewalt in Myanmar geflüchtet sind.

„Wenn wir den Zugang zu Bildung von Flüchtlingsmädchen weiter vernachlässigen, dann fällen wir damit auch ein Urteil für die kommenden Generationen“, so Grandi. „Bildung für Flüchtlingsmädchen muss für uns zur Priorität werden!“

Nur 61 Prozent aller Flüchtlingskinder weltweit haben Zugang zu primärer Bildung, im Vergleich zu einem internationalen Durchschnitt von 91 Prozent. Im Bereich der Sekundarbildung können nur 23 Prozent aller jugendlichen Flüchtlinge eine Schule besuchen, während weltweit 84 Prozent aller Jugendlichen diesen Zugang haben.

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