Global Trends: Asylanträge in Österreich sinken, weltweit mehr Menschen auf der Flucht
Weltweit waren 2017 rund 68,5 Millionen Menschen wegen Konflikt, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen auf der Flucht.
Während in Österreich die Asylanträge sinken, gibt es weltweit immer mehr Flüchtlinge und Vertriebene. Krieg, Gewalt und Verfolgung haben die Zahl der Menschen auf der Flucht 2017 erneut auf ein Rekordniveau steigen lassen. Hauptursachen waren die Krise in der Demokratischen Republik Kongo, der Krieg im Südsudan und die Flucht Hunderttausender Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar nach Bangladesch. 85 Prozent aller Vertriebenen weltweit werden von so genannten Entwicklungsländern aufgenommen.
Alle zwei Sekunden wird ein Mensch zur Flucht gezwungen
Im am Dienstag veröffentlichten Global Trends-Bericht meldet das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR, dass Ende des vergangenen Jahres 68,5 Millionen Menschen auf der Flucht waren. Das sind fast drei Millionen mehr als 2016 (65,6 Millionen). Darunter waren 16,2 Millionen Menschen, die während des Jahres 2017 neu vertrieben wurden. Viele von ihnen sind mehrfach vertrieben worden. Zwei Drittel der Flüchtlinge kommen aus nur fünf Ländern: Syrien, Afghanistan, Südsudan, Myanmar und Somalia. Täglich werden rund 44.500 Menschen vertrieben, alle zwei Sekunden ist ein Mensch von Flucht betroffen.
Global mehr Flüchtlinge, mehr Asylsuchende, aber etwas weniger Binnenvertriebene
25,4 Millionen der insgesamt 68,5 Millionen vertriebenen Menschen sind Flüchtlinge, die wegen Konflikten und Verfolgung ihr Heimatland verlassen mussten. Das sind 2,9 Millionen mehr als 2016 – der größte Anstieg der Flüchtlingszahlen, den UNHCR in einem Jahr verzeichnet hat. Die Zahl der Asylsuchenden, die zum 31. Dezember 2017 noch auf das Ergebnis ihres Verfahrens warteten, stieg um 300.000 auf 3,1 Millionen Menschen.
In Österreich ist die Zahl der Asylsuchenden von 39.905 Asyl-Erstanträgen im Jahr 2016 auf 22.471 Asyl-Erstanträge im Jahr 2017 gesunken.
Global gesehen gab es bei den Binnenvertriebenen einen Rückgang: 40 Millionen Menschen waren im eigenen Land auf der Flucht, im Vergleich dazu waren es 2016 40,3 Millionen Binnenvertriebene. MigrantInnen, die nach UNHCR-Definition nicht unter den Begriff der Vertreibung wie Flüchtlinge, Binnenvertriebene oder Asylsuchende fallen, sind nicht Teil dieses Reports.
Weltweit jeder 110. Mensch auf der Flucht
Weltweit gibt es jetzt mehr Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene, als Frankreich oder Großbritannien EinwohnerInnen haben. Jeder 110. Mensch auf der Erde ist auf der Flucht.
„Wir stehen an einem Scheideweg. Um auf weltweite Fluchtbewegungen erfolgreich reagieren zu können, brauchen wir einen neuen und weit umfassenderen Ansatz, der einzelne Länder und Gesellschaften nicht alleine lässt”, sagt UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. „Aber es gibt Grund zur Hoffnung. Vierzehn Länder setzen in einer Pilotphase bereits einen neuen Rahmenplan für die Flüchtlingshilfe um. Und es ist nur noch eine Frage von wenigen Monaten, bis ein neuer ‚Globaler Pakt für Flüchtlinge‘ von der Vollversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet werden kann.” Grandi forderte alle Staaten auf, dieses Projekt zu unterstützen: „Niemand wird freiwillig zum Flüchtling. Aber wir haben die Wahl, wie wir den Betroffenen helfen.“
Der Global Trends-Bericht wird jährlich weltweit zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni veröffentlicht. Der Bericht informiert über den neuesten Stand der internationalen Fluchtsituation, basierend auf Daten von UNHCR, nationalen Regierungen und weiteren Partnern. In diesem Zusammenhang beobachtete UNHCR im vergangenen Jahr besorgniserregende Ereignisse, etwa Zwangsrückführungen, Instrumentalisierungen von Flüchtlingen für politische Zwecke, Fälle, in denen Flüchtlinge zu Feindbildern aufgebaut wurden, ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt verweigert wurde und sogar einige Länder, die die Verwendung des Wortes „Flüchtling” ablehnen. Der Global Trends-Report ist aber keine Analyse der aktuellen globalen Asyl-Situation.
Global Trends rückt ein paar „gefühlte Wahrheiten“ zurecht
Global Trends ist vielmehr eine Faktensammlung, die dabei auch über ein paar „gefühlte Wahrheiten“ aufklärt. Dazu gehört die Überzeugung, dass der größte Teil der Flüchtlinge in den Industrieländern des globalen Nordens Schutz gesucht hat. Stattdessen ist es nur jede/r Siebte. 85 Prozent der Flüchtlinge leben in Entwicklungsländern, die häufig bettelarm sind und kaum Hilfe erhalten, um die Flüchtlinge zu unterstützen. Vier von fünf Flüchtlingen bleiben in den Nachbarländern ihres Heimatlandes.
Große Fluchtbewegungen über die Grenzen hinweg sind ebenfalls weniger verbreitet, als es die Zahl der weltweit über 68 Millionen geflüchteten Menschen vermuten lässt. Fast zwei Drittel von ihnen sind Binnenvertriebene, die ihr eigenes Land nicht verlassen haben. Von den 25,4 Millionen Flüchtlingen sind rund ein Fünftel palästinensische Flüchtlinge, die von UNHCRs Schwesterorganisation UNRWA unterstützt werden.
Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind Kinder
Zwei weitere Erkenntnisse aus dem Global-Trends-Bericht sind, dass die meisten Flüchtlinge in städtischen Gebieten leben (58 Prozent) – nicht in Lagern oder ländlichen Gebieten. Außerdem sind die weltweit geflüchteten Menschen jung: 53 Prozent von ihnen sind Kinder, darunter viele unbegleitet oder von ihren Familien getrennt.
Türkei größtes Aufnahmeland, jede/r sechste EinwohnerIn im Libanon syrischer Flüchtling
Genau wie die Zahl der wichtigsten Herkunftsländer war auch die Zahl der Länder, die viele Menschen aufgenommen haben, gering: Die Türkei blieb mit 3,5 Millionen aufgenommenen Flüchtlingen (hauptsächlich SyrerInnen), nach absoluten Zahlen das weltweit größte Aufnahmeland. Relativ zur eigenen Bevölkerung hat der Libanon die meisten Flüchtlinge aufgenommen. Jede/r sechste EinwohnerIn des Landes ist ein syrischer Flüchtling. Es sind gerade einmal zehn Länder, die fast zwei Drittel aller Flüchtlinge weltweit aufgenommen haben.
Kriege und Konflikte waren weiterhin die Hauptursachen für Vertreibung und Flucht, sichtbare Fortschritte in Richtung Frieden gab es selten. Rund fünf Millionen Menschen konnten 2017 zurückkehren, dabei handelte es sich in erster Linie um Binnenvertriebene. Unter den RückkehrerInnen gab es aber auch Menschen, die unter Zwang oder in unsichere Verhältnisse zurückkehrten. Die Zahl der Flüchtlinge, die dank Resettlement Schutz in einem Drittland fanden, sank wegen des niedrigeren Angebots an Plätzen in Aufnahmeländern um mehr als 40 Prozent auf rund 100.000 Menschen.
Den gesamten Bericht finden Sie hier: Global Trends-Report
Für Anfragen zum Bericht wenden Sie sich bitte an unsere Presseabteilung.