UNHCR-Bericht legt offen, wie staatenlose Minderheiten weltweit diskriminiert werden

Der Bericht verdeutlicht, welche negativen Auswirkungen Diskriminierung auf die Gemeinschaften staatenloser Minderheiten hat und Ängste um die körperliche Unversehrtheit und Sicherheit schürt.

Shaame Hamisi, 55, ein Fischer und Sprecher der staatenlosen Pemba Gemeinschaft in Kenia. © UNHCR/Roger Arnold

In seinem neuen Bericht warnt UNHCR davor, dass Diskriminierung, Ausgrenzung und Verfolgung für viele staatenlose Minderheiten weltweit zum Alltag gehören. UNHCR ruft die Staaten dazu auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, sodass alle Menschen gleichermaßen das Recht auf eine Staatsangehörigkeit zukommt.

Wie im Bericht aufgezeigt, gehören mehr als 75% der weltweit bekannten staatenlosen Bevölkerungsgruppen zugleich Minderheiten an. Wenn diese über lange Zeit hinweg ausgegrenzt werden, kann dies zu Unmut, wachsender Angst und, in Extremfällen, zu Instabilität, Unsicherheit und Vertreibung führen.

Als Ende August hunderttausende Rohingya – die weltweit grösste staatenlose Minderheit – begannen, von Myanmar nach Bangladesch zu fliehen, waren die Recherchen zum Bericht bereits abgeschlossen. Die Situation der Rohingya zeigt jedoch deutlich auf, zu welchen Problemen jahrelange Diskriminierung, Ausgrenzung und Staatenlosigkeit führen können.

„Staatenlose Personen möchten nicht mehr als die gleichen grundlegenden Rechte, die alle Bürgerinnen und Bürger genießen. Staatenlose Minderheiten wie die Rohingya leiden jedoch oftmals unter fest verwurzelter Diskriminierung sowie der systematischen Verweigerung ihrer Rechte“, so UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi.

„In den letzten Jahren sind bereits wichtige Schritte unternommen worden, um Staatenlosigkeit weltweit zu beenden. Neue Herausforderungen, wie ein steigendes Maß von Vertreibung und willkürlichem Entzug der Staatsangehörigkeit, gefährden diese Fortschritte jedoch. Die Staaten müssen jetzt entschieden handeln, um Staatenlosigkeit zu beenden“, fügte Grandi hinzu.

Der Bericht “This is our home: Stateless minorities and their search for citizenship” wird anlässlich des dritten Jahrestags von UNHCRs #IBelong-Kampagne gegen Staatenlosigkeit veröffentlicht. Er basiert auf Gesprächen, die im Mai und Juni 2017 mit Personen geführt wurden, die zu staatenlosen, ehemals staatenlosen oder Minderheitsgruppen gehören, für die das Risiko von Staatenlosigkeit besteht. Anhand der Beispiele aus Madagaskar, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Kenia wird aufgezeigt, unter welchen Schwierigkeiten staatenlose Minderheiten weltweit leiden.

Ausgehend von Gesprächen mit über 120 Personen zeigt der Bericht auf, dass für viele Minderheiten die Ursache von Staatenlosigkeit in ihrer Andersartigkeit selbst liegt: Ihr geschichtlicher Hintergrund, ihr Aussehen, ihre Sprache, ihr Glaube. Gleichzeitig verstärkt Staatenlosigkeit oftmals die Ausgrenzung, die Minderheiten erfahren, und wirkt sich so auf ihr gesamtes Leben aus: auf die Bewegungsfreiheit und Berufschancen, auf den Zugang zu Dienstleistungen und das Recht, zu wählen.

Die Erfahrungen, die im Bericht geschildert werden, verdeutlichen, welche negativen Auswirkungen Diskriminierung auf die Gemeinschaften staatenloser Minderheiten hat und wie Diskriminierung Ängste um die körperliche Unversehrtheit und Sicherheit schürt. Diskriminierung führt verstärkt auch zu Armut und erschwert den Zugang Bildung und Gesundheitsversorgung.

Um sicherzustellen, dass auch staatenlose Minderheiten das Recht auf eine Staatsangehörigkeit genießen, fordert UNHCR im Rahmen seiner #IBelong-Kampagne Staaten dazu auf, die folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

  • Die Einbürgerung oder Bestätigung der Staatsangehörigkeit für staatenlose Minderheiten, die sich im Hoheitsgebiet aufhalten, erleichtern, vorausgesetzt dass sie dort geboren wurden, sich dort vor einem bestimmten Datum aufgehalten haben oder dass ihre Eltern oder Grosseltern diese Voraussetzungen erfüllen.
  • Kindern, die sonst staatenlos werden würden, die Staatsangehörigkeit des Landes geben, in dem sie geboren wurden.
  • Gesetze und Praktiken abschaffen, mit denen Personen die Staatsangehörigkeit aufgrund von Diskriminierung wegen der Rasse, Ethnie, Religion oder Sprache verweigert oder entzogen wird.
  • Sicherstellen, dass alle Geburten registriert werden, um Staatenlosigkeit zu vermeiden.
  • Prozedurale und praktische Hürden abbauen, die es erschweren, Personen Nachweise über die Staatsangehörigkeit auszustellen, obwohl diese gesetzlich dazu berechtigt wären.

Über die #IBelong-Kampagne

Am 4. November 2014 hat UNHCR die #IBelong-Kampagne gegen Staatenlosigkeit gestartet. Staatenlosigkeit ist ein von Menschen gemachtes Problem, das relativ leicht zu beheben und zu vermeiden ist. Mit dem nötigen politischen Willen und der Unterstützung der Öffentlichkeit könnten Millionen Menschen weltweit eine Staatsangehörigkeit erwerben, sodass ihre Kinder nicht staatenlos zur Welt kämen. Die #IBelong-Kampagne beruht auf einem Aktionsplan, dem Global Action Plan. Dieser legt dar, wie die Staaten anhand von konkreten Massnahmen helfen können, Staatenlosigkeit zu beenden. Mit dem Erwerb einer Staatsangehörigkeit könnten Millionen staatenloser Personen weltweit ihre Menschenrechte vollumfänglich genießen und sich zugehörig fühlen.