Sicherheit für afghanische Hebamme

Sabine David, ihr Mann Dominique und Tochter Nora (1) gaben Nooria und ihrer zweijährigen Tochter Aysu im österreichischen Lavanttal ein neues Zuhause.

Sabine David, ihr Mann Dominique und Tochter Nora (1) mit Nooria und ihrer zweijährigen Tochter Aysu. © UNHCR/Aubrey Wade

LAVANTTAl, Österreich – Nooria Youldash ist eine ruhige, zurückhaltende Frau. Aber sobald es um ihr Fahrrad geht, beginnen ihre Augen zu strahlen. „Es macht mich glücklich und ich fühle mich frei, wenn ich Fahrrad fahre“, sagt sie.

Nooria kommt aus Mazar-i-Sharif, der drittgrößten Stadt in Afghanistan. Im November 2015 ist sie mit ihrer zweijährigen Tochter Aysu nach Österreich gekommen. In Afghanistan war sie für die Vereinten Nationen tätig und leistete Frauen und Kindern als Hebamme in abgelegenen Teilen – oft unter Kontrolle der Taliban – des Landes Hilfe. Sie hat bereits sieben Jahre studiert und hofft, dass sie ihr Studium in Österreich fortsetzen kann, um Gynäkologin zu werden.

Ihr Mann verließ sie, als sie schwanger wurde. Wäre sie in Afghanistan geblieben, hätte sie ihre Tochter zu ihrer Schwägerin geben müssen, so Nooria. „Eine Frau darf in Afghanistan nicht alleine leben, geschweige denn ein Kind ohne einen Mann aufziehen.“

Im Oktober 2015 flüchtete sie und erreichte einen Monat später Österreich. Sie lebte mit ihrer Tochter in einer Unterkunft für Asylsuchende in Kärnten, bis sie Sabine David über die Hilfsorganisation Diakonie kennenlernte.

Sabine arbeitet als Maschinenbauingenieurin und lebt mit ihrem Mann Dominique und ihrer einjährigen Tochter Nora auf einem malerischen Hügel im Lavanttal nahe der slowenischen Grenze.

„Wir haben all diese schrecklichen Nachrichten im Fernsehen gesehen und fühlten uns so hilflos“, sagt Sabine. Deswegen wandten sie sich an die Diakonie und boten ein Zimmer für Flüchtlinge an.

Kurz darauf zog Nooria mit der kleinen Aysu ein. Sabine beschreibt Nooria als offen und jederzeit bereit, im Haushalt mit anzupacken. Da Nooria keinen Führerschein hat, schien ein Fahrrad eine gute Alternative für etwas mehr Eigenständigkeit zu sein. Nooria musste aber zuerst lernen, damit zu fahren.

„Wir versuchten es einen Nachmittag lang und haben komplett versagt“, sagt Sabine. „Es ist wirklich schwierig, einer Erwachsenen Fahrradfahren beizubringen, besonders wenn jemand zum ersten Mal im Sattel sitzt.“

Mit Durchhaltevermögen und der Hilfe von Sabines Tante, einer Sportlehrerin, schaffte es Nooria schließlich. Heute fährt sie zum Supermarkt und zu ihrem Deutschkurs. Auch am Morgen dreht sie gerne eine kurze Runde.

Auf dem Lavanttaler Hügel leben 62 Menschen. Alle Nachbarn unterstützen die Familie, bringen Kleidung und Spielsachen oder bieten an, die kleine Aysu in den Kindergarten zu bringen. Sabine erzählt, dass sich das erst entwickeln musste: „Es ist lustig, weil sie am Anfang sehr zurückhaltend waren und ihre Ängste äußerten“, sagt sie. „Doch sobald sie Nooria kennenlernten, hat sich das komplett geändert.“