Nansen-Flüchtlingspreis ehrt nigerianischen Lehrer

Der Lehrer Zannah Mustapha erhielt heute in Genf die humanitäre Auszeichnung für die Einrichtung von Schulen inmitten des Konfliktes in Nordost-Nigeria.

Zannah Mustapha und sein Sohn. © UNHCR/Rahima Gambo

GENF, 2. Oktober  –  UNHCR ehrte heute Zannah Mustapha mit dem Nansen-Flüchtlingspreis anlässlich einer Zeremonie in Genf. Mit diesem Preis ausgezeichnet wurde er für die Neueröffnung einer Schule in Maiduguri in Nigeria dem Epizentrum der Boko Haram Aufstände.

Die Schule blieb geöffnet, während um sie herum der Boko Haram-Konflikt tobte, der rund 20 000 Menschen in der Region am Tschadsee das Leben kostete und Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieb.

Die Schule bietet vertriebenen Kindern kostenlos eine Ausbildung, Mahlzeiten, Schuluniformen und eine medizinische Versorgung. Kinder, die durch den Konflikt zu Waisen gemacht wurden, werden in Mustaphas Klassenzimmern willkommen geheissen, unabhängig von welcher Konfliktseite sie stammen. Damit setzt er ein starkes Zeichen der Versöhnung, die er in der Region herbeiführen will.

UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi überreichte die Nansen-Medaille an Herrn Mustapha und lobte ihn in seiner Rede:

„Zannah Mustaphas Taten beweisen uns, dass jeder von uns seinen Beitrag in seiner Gemeinschaft leisten kann, sei es Vertriebenen und Verletzlichen zu helfen oder den Frieden zu fördern“, sagte der Flüchtlingshochkommissar.

„Er hatte die Vision, dass Kinder eine Ausbildung erhalten können, dem Chaos und der brutalen Gewalttätigkeiten von Boko Haram zum Trotz. Vielen gab er damit die Hoffnung zurück. Ihnen allen gab er eine Zukunft.“

„Heute wollen wir seine Hingabe und seinen Mut anerkennen.“

In den zehn Jahren seit der Gründung der Schule ist die Zahl der Schüler von 36 auf beachtliche 540 angestiegen. Tausende weitere Kinder, die sich sehnlichst eine Ausbildung wünschen, haben ihre Namen auf der Warteliste eingetragen. Im Jahr 2016 eröffnete Mustapha eine zweite Schule nur wenige Kilometer von der Ersten entfernt.

Auch die UNHCR-Sondergesandte Angelina Jolie gratulierte Herrn Mustapha in einer Video-Botschaft. Im Video lobte sie seine Arbeit und sein Vermächtnis.

„Um die Rechte von Kindern im Angesicht von Boko Haram zu schützen, bedarf es aussergewöhnlichen Mut“, sagte sie. „Zannah Mustapha hat Licht in eine Region gebracht, die seit Jahren terrorisiert wird.“

„Herr Mustapha, Sie sind eine Inspiration für uns alle. Ich hoffe, dieser Preis ermutigt Sie und andere, Ihre wichtige Arbeit fortzusetzen.“

In seiner Rede dankte Zannah Mustapha all den Lehrern und Witwen mit denen er gearbeitet hat und lobte alle Schüler seiner Schulen. „Ich hätte nicht einmal im Traum daran geglaubt, dass ich miterleben darf, wie diese Kinder diese traumatische Zeit ihres Lebens überwinden. Wenn ich in die Gesichter dieser Kinder schaue, sehe ich Widerstandsfähigkeit und Stärke“, kommentierte Herr Mustapha.

„Das Ziel ist nicht, dass wir alle gleich werden, sondern die Unterschiede zwischen uns zu verstehen und die Differenzen zwischen uns zu überwinden. Erreichen können wir dies durch Bildung“, fuhr er fort.

„Es gibt so viele Kinder in Konfliktzonen die nicht zur Schule gehen können. Wir haben gezeigt, was alles möglich ist.“

Mustaphas Arbeit in der Region brachte ihn auch dazu, die Freilassung von Geiseln zu verhandeln. Als 21 jungen Frauen nach mehr als zwei Jahren Gefangenschaft freigelassen wurden, war Mustapha vor Ort. Er hat entscheidend an ihrer Freilassung, sowie der von 82 weiteren Chibok-Mädchen im Mai 2017, mitgewirkt.

Seit mehr als 60 Jahren zeichnet der UNHCR Nansen-Flüchtlingspreis aussergewöhnlichen Einsatz für Flüchtlinge aus. Die diesjährige feierliche Ehrung des Gewinners wurde künstlerisch von dem renommierten Afrobeat-Musiker Tony Allen, einem akustischen Set des japanischen Künstlers Miyavi und einem klassischen Geigenstück, gespielt von der renommierten Solistin Mariela Shaker, begleitet. Durch den Abend führte Anita Rani und Hauptrednerin war der syrische Flüchtling Nujeen Mustafa.

Der Nansen-Flüchtlingspreis ehrt aussergewöhnliche Leistungen von berühmten oder unbekannten Helden; dazu zählen Eleanor Roosevelt und Luciano Pavarotti. Allerdings sind auch einige unbekanntere Helden unter den Preisträgern, wie Herr Mustapha, die ihr Leben dem Kampf gegen Ungerechtigkeiten gegenüber gewaltsam Vertriebenen gewidmet haben.

Über den Nansen-Flüchtlingspreis:

Nur wenige humanitäre Auszeichnungen können auf eine ähnlich reiche Vergangenheit zurückblicken, wie sie der Nansen-Flüchtlingspreis hat. Seit 1954 wird der Nansen-Flüchtlingspreis vergeben, um einen aussergewöhnlichen Einsatz für den Schutz von Flüchtlingen, Vertriebenen und Staatenlosen zu würdigen. Der Nansen-Flüchtlingspreis ist nach dem berühmten norwegischen Polarforscher und Humanist Fridtjof Nansen benannt. Nansen war von 1920-1930 der erste Flüchtlingshochkommissar des Völkerbundes und hat hunderttausenden Flüchtlingen des ersten Weltkriegs dabei geholfen, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Für dieses ausserordentliche Engagement wurde ihm 1922 der Friedensnobelpreis verliehen. Die Preisträger der Nansen-Auszeichnung stehen für die Werte, die Fridtjof Nansen zeit seines Lebens verkörpert hat: eine feste Überzeugung und Beharrlichkeit im Angesicht von Herausforderungen. Der Preisträger 2017 stellt einen ausserordentlichen Vertreter dieser Attribute dar.

Über UNHCR

UNHCR, das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, wurde am 14. Dezember 1950 gegründet. UNHCR hat den Auftrag, die Rechte und das Wohlergehen von Flüchtlingen und Staatenlosen zu schützen. In den über 60 Jahren seines Bestehens hat UNHCR mehreren zehn Millionen vertriebenen Menschen geholfen, ein neues Leben zu beginnen. UNHCR ist in den grossen humanitären Krisen der Welt im Einsatz, wie in Syrien, dem Irak, der Zentralafrikanischen Republik, in Afghanistan, dem Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo sowie in vielen anderen humanitären Notsituationen, die fast 66 Millionen Menschen weltweit zur Flucht getrieben haben.