Naomis Chol die kleine Berühmheit aus Kakuma
Naomi Chol besuchte eine Schule, die von der Oscargewinnerin und UNHCR-Sondergesandten Angelina Jolie gegründet wurde.
KAKUMA, Jordanien – Naomi Chol besuchte eine Schule, die von der Oscargewinnerin und UNHCR-Sondergesandten Angelina Jolie gegründet wurde. Jetzt ist die 16-Jährige aus dem Südsudan selbst eine kleine Berühmtheit in dem kenianischen Flüchtlingscamp.
„Überall wo ich hingehe, kommen Menschen zu mir, um meine Hand zu schütteln“, erzählt die ehemalige Schülerin der Angelina-Jolie-Schule. Diese wurde von der Sondergesandten im Jahre 2002 errichtet und ist speziell auf die Ausbildung besonders schutzbedürftiger Mädchen ausgerichtet.
Der Grund für all die Aufmerksamkeit ist Naomis außergewöhnliches Abschneiden bei der jährlich stattfindenden „Kenya Certificate of Primary Education“-Prüfung im letzten September. Über 880.000 Studenten absolvierten die Prüfung. Naomi erreichte mit 418 von 500 Punkten das beste Ergebnis in ihrem Bezirk.
Schule bewährt sich
Und das ist nicht die einzige gute Nachricht: Naomis Schule, die mittlerweile von 250 Schülerinnen besucht wird, konnte eine 86-prozentige Erfolgsquote verzeichnen. Die Mädchen sind zum großen Teil Flüchtlinge aus dem Sudan, dem Südsudan, Somalia, der Demokratischen Republik Kongo, Äthiopien, Burundi und Uganda. Aber auch einige Mädchen aus den Gastgemeinden nehmen am Unterricht teil.
Naomis Erfolg ist eine Auszeichnung für die hohe Qualität der Ausbildung durch die Internatsschule, nach deren Grundsatz sichergestellt werden soll, dass alle Flüchtlinge zumindest eine Grundausbildung erhalten. Viele der 1.500 Mädchen, die zur diesjährigen Prüfung angetreten sind, hoffen, nächstes Jahr in die Oberschule zu kommen.
„Die Schule hat sich seit ihrer Eröffnung immer wieder bewährt“, meint Mohamud Hure, UNHCR-Bildungsbeauftragter, und fügt hinzu, dass Naomis Leistung, „die Notwendigkeit und den Erfolg eines sicheren Lernumfeldes weiter unterstreicht.“ Sie wurde zu einer Inspiration für andere. „Wir sind sehr stolz auf sie“, sagt Anyuk, eine Schülerin aus der fünften Klasse.
Naomi weiß, dass sie Glück hatte: Nicht alle Schulen in Kakuma oder an anderen Orten ermöglichen eine Ausbildung unter solch vorteilhaften Bedingungen. Zu den häufigsten Problemen gehören Überbelegung, unqualifiziertes Lehrpersonal und ein Mangel an Schulmaterialien. „Ich hatte Glück, meine Ausbildung in einer Internatsschule absolvieren zu können. So hatte ich mehr Zeit zum Lernen. Meine Eltern haben mich sehr unterstützt und die Wichtigkeit einer guten Ausbildung hervorgehoben“, sagt sie.
Im Jahr 2008 sahen die Dinge weniger gut aus, als ihre Familie aus dem Südsudan fliehen musste und ihren Weg in die kenianische Hauptstadt Nairobi fand. Ihre Eltern wollten Naomi eine gute Ausbildung ermöglichen, konnten es sich aber nicht leisten. Sie wurde zu ihrer Tante nach Kakuma geschickt, wo sie 2012 in die Internatsschule aufgenommen wurde.
Naomis Traum: „Ich will Neurochirurgin werden“
Naomi bemerkt, dass viele der anderen Mädchen ihre Ausbildung abgebrochen haben. „Einige meiner Freundinnen sitzen nur zu Hause rum, einige haben sogar schon geheiratet. Ich wollte das nicht“, fügt sie hinzu.
Naomi hat ein großes Ziel: „Ich will Neurochirurgin werden. Ich liebe die Naturwissenschaften und ich weiß, dass es nicht viele weibliche Neurochirurgen in der Gegend gibt, aber ich glaube an mich“, erklärt sie. Sie hofft, in ihrer nächsten Schule, der angesehenen Loreto Matunda-Internatsschule in Lodwar, ihrem Traum einen Schritt näher zu kommen.
Sie erhofft sich auch einen anhaltenden Frieden im Südsudan, sodass sie dabei helfen kann, das Land nach so vielen Jahren des Konfliktes wiederaufzubauen. „Meine Ausbildung bestmöglich zu nutzen, ist das größte Geschenk, das ich meinem Land anbieten kann. Denn mit einer guten Ausbildung kann man alles im Leben erreichen.“
Ihre Botschaft kommt gut an und verbreitet sich unter vielen anderen Schülern. Aber UNHCR hat Probleme, Plätze für all jene Schüler zu finden, die nach der Grundschule auch die Oberschule besuchen wollen.
Naomis Lehrer in Kakuma sind mit dieser Herausforderung vertraut und meinen, dass musterhafte Schüler es sich verdient haben, ihre Ausbildung fortzusetzen. „Chol ist ein aufmerksames und intelligentes Mädchen“, sagt Isabelle Muthoni, Leiterin von Naomis Schule, „sie hat uns durch ihren Erfolg alle sehr stolz gemacht. Dies ist nicht nur ein Erfolg für Naomi allein, es beweist, dass jedes Mädchen Erfolg haben kann.“