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Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.1990 - BVerwG 9 C 60.89

Publisher Germany: Bundesverwaltungsgericht
Publication Date 30 October 1990
Citation / Document Symbol BVerwG 9 C 60.89
Cite as Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.1990 - BVerwG 9 C 60.89, BVerwG 9 C 60.89, Germany: Bundesverwaltungsgericht, 30 October 1990, available at: https://www.refworld.org/cases,DEU_BUNDESVERWALT,3ae6b7304.html [accessed 3 November 2019]
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Bundesverwaltungsgericht

Urteil vom 30.10.1990 - BVerwG 9 C 60.89

Leitsätze des Gerichts:

1.         Ein Asylsuchender, der erst mehrere Jahre nach erlittener, aber beendeter Verfolgung seinen Heimatstaat verläßt, kann nicht mehr als verfolgt ausgereist und damit als vorverfolgt angesehen werden (Ergänzung zu BVerwGE 71, 175 = InfAusIR 1985, 241 und BVerwGE 79, 79 = InfAusIR 1988, 194).

2.         Politische Verfolgung aus religiösen Gründen ist u. a. dann gegeben, wenn durch staatliche Rechtsvorschriften das religiöse Existenzminimum, der unverzichtbare Kern der religiösen Persönlichkeit der Gläubigen betroffen wird (hier zur Frage einer politischen Verfolgung von Ahmadis in Pakistan).

3.         Ist das Berufungsgericht bei der Prognose, ob die Religionsfreiheit einschränkende Vorschriften zukünftig verschärft werden, von einem fehlerhaften rechtlichen Ansatz ausgegangen, ist das Revisionsgericht hinsichtlich der Frage, ob die Prognose aus anderen Gründen Bestand hat, nicht auf die Prüfung beschränkt, ob ein Verstoß gegen allgemeine Sachverhalts - und Beweiswürdigungsgrundsätze vorliegt.

4.         Eine Änderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nach Erlaß der Berufungsentscheidung (hier: Abberufung der Premierministerin Bhutto und Wahlniederlage der PPP in Pakistan) eröffnet dem Revisionsgericht in der Regel nicht die Möglichkeit einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (wie Urteil vom 28. Februar 1984 - BVerwG 9 C 981. 81 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19 = InfAusIR 1985, 22).

Sachverhalt: Der Kläger, ein pakistanischer Staatsangehöriger und Mitglied der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya, begehrt Politisches Asyl in der Bundesrepublik. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, seine Klage vom VG Wiesbaden abgewiesen. Der hessische VGH gab der Berufung mit Urteil vom 3.2.1989 statt. Die Revision des Bundesbeauftragten hatte Erfolg.

Aus den Gründen:

»Die Revision des Bundesbeauftragten ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Wiederherstellung des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach der Sachlage, wie sie in dem für die Beurteilung seines Begehrens maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gegeben war, nicht zu (vgl. dazu BVerfGE 54, 341, 349, 360).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der das Bundesverwaltungsgericht gefolgt ist, beruht das Asylgrundrecht des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG auf dem Zufluchtgedanken und setzt von seinem Tatbestand her grundsätzlich einen kausalen Zusamenhang zwischen Verfolgung und Flucht voraus (vgl. BVerfGE 74, 51 <60>; 80, 315 <344>; Urteil vom 19. Mai 1987 - BverwG 9 C 184.86 - BVerwGE 77, 258 <260>; Urteil vom 15. Mai 1990 - BVerwG 9 C 17.89 - BVerwGE 85, 139 = DVBI. 1990, 1064 = InfAusIR 1990, 312). Deshalb ist es von wesentlicher Bedeutung, ob der Asylsuchende verfolgt oder unverfolgt ausgereist ist. Im ersten Falle ist er als Asylberechtigter anzuerkennen, sofern die fluchtbegründenden Umstände im maßgebenden Zeitpunkt fortbestehen.Er ist weiter anzuerkennen, wenn diese zwar entfallen sind. aber seiner Sicherheit vor abermals einsetzender Verfolgung bei einer Rückkehr in den Heimatstaat ernsthafte Zweifel bestehen, wenn also Anhaltspunkte vorliegen, die die Möglichkeit abermals einsetzender Verfolgung als nicht ganz entfernt erscheinen lassen (vgl. Urteil vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerw, 70, 169 = InfAusIR 1985, 51). Wer hingegen unverfolgt ausgereist ist, hat nur dann einen Asylanspruch, wenn ihm aüfgrund eines asylrechtlich erheblichen Nachfluchttatbestandes politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. dazu Urteil vom 15. März 1988 - BVerwG 9 C 278.86 - BverwGE 79, 1 <151>).

Das Berufungsgericht ist daher zutreffend in eine Prüfung eingetreten, ob der Kläger als Verfolgter ausgereist ist. Seine Auffassung, daß dies der Fall sei, vermag der Senat jedoch nicht zu teilen. Als Verfolgter kann der Kläger nur dann ausgereist sein, wenn er auf der Flucht vor unmittelbar bevorstehender oder eingetretener politischer Verfolgung seinen Heimatstaat verlassen hat (vgl. BverfGE 80, 315 <344>, also aus einer dadurch hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist (BVerfGE 74, 51 <64>). Das kann nach dem vom, Berufungsgericht festgestellten und für das Revisionsverfahren bindenden Sachverhalt (§ 137 Abs. 2 VwGO) nicht angenommen werden. Allerdings haben nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts im Jahre 1974, beginnend am 29. Mai, in ganz Pakistan Pogrome gegenüber den Angehörigen der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft stattgefunden, in deren Verlauf 42 Menschen, darunter 27 Ahmadis, ums Leben kamem. Es wurden Häuser und Moscheen sowie Geschäfte geplündert und in Brand gesteckt. Die maßgebenden pakistanischen Stellen lißef den Dingen ihren Lauf. Erst ab November 1974 setzte die Regierung massiv Polizei zum Schutze der Ahmadis ein. Aufgrund dieser Tatsachen hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler eine landesweite, dem pakistanischen Staat zurechenbare Gruppenverfolgung der Angehörigen der Ahrnadiyya-Glaubensgemeinschaft für die Zeit zwischen Mai und November 1974 als gegeben angesehen und ferner ohne Rechtsverstoß angenommen, daß davon auch der kläger damals betroffen war, wenngleich er am eigenen Leibe nicht Mitleidenschaft gezogen worden ist (vgl. Urteil vom 23. Februrar 1988 - BVerwG 9 C 85.87 - BVerwGE 79, 79). jedoch hat der Kläger Pakistan erst im November 1978 verlassen, also vier Jahre nachdem das Pogrom durch den Einsatz massiver Polizeikräfte sein Ende gefunden hatte. Zu dieser Zeit drohte ihm indessen keine politische Verfolgung mehr. Bei dieser Rückschau ist nicht auf den Erkenntnisstand des Jahres 1978 abzuheben, sondern auf denjenigen, der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 3. Februar 1989 bestanden hat. Danach war im Jahre 1978 die Gefahr einer erneuten landesweiten Gruppenverfolgung der Ahmadis auf absehbare Zeit auszuschließen. Ganz Pakistan erfassende Pogrome haben nämlich seit dem Jahre 1974 nicht, mehr stattgefunden, weil - wie das Berufungsgericht dem Verhalten der Sicherheitskräfte bei sich anbahnenden Ausschreitungen größren Ausmaßes entnommen hat - der pakistanische Staat seit November 1974 >das Gleichgewicht zwischen den verfeindeten Bevölkerungsgruppen aufrechterhält, so daß der latente Konflikt nicht den Grad erreicht, daß die Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Ruhe und Ordnung herzustellen, ernsthaft gefährdet wird<. Die Angaben des Klägers zu seinen persönlichen Erlebnissen ergeben auch nicht, daß er bei seiner Ausreise in seiner Person individuell von politischer Verfolgung bedroht war. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger, der seinerzeit in L. wohnte, lediglich subjektiv in ständiger Angst gelebt und ist durch Berichte über lokale, außerhalb seines Lebensbereichs liegende Ausschreitungen in K. und M. zur Ausreise veranlaßt worden. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG geht jedoch von einer objektiven Beurteilung der Verfolgungsgefahr aus (BVerfGE 54, 341 <359>).

Der Kläger, der somit im November 1978 weder wegen damals bestehender noch wegen unmittelbar bevorstehender Verfolgung seinen Heimatstaat verlassen hat, hat sich bei seiner Ausreise Im Jahre 1978 auch nicht auf der Flucht vor der Ende Mai 1974 eingetretenen und im November 1974 beendeten Gruppenverfolgung der Ahmadis befunden, von dem er - wie ausgeführt - seinerzeit in der Tat mitbetroffen war. Es fehlt insoweit an dem notwendigen Zusammenhang zwischen dem Pogrom des Jahres 1974 und seiner erst vier Jahre später erfolgten Ausreise. Das Berufungsgericht hat geglaubt, ihn deshalb als gegeben ansehen zu können, weil der Kläger auch nach Beendigung des Pogroms in ständiger Angst gelebt und aus dieser subjektiven Furcht heraus aus Anlaß von Berichten über lokale Ausschreitungen ausgereist sei. Es hat damit einen lediglich psychischen Zusammenhang als genügend angesehen. Das ist indessen nicht ausreichend. Soweit in den Urteilen des erkennenden Senats vom 26. März 1985 - BVerwG 9 C 107.84 - (BVerwGE 71, 175 <179>) und vorn 23. Februar 1988 - BVerwG 9 C 85.87 - (BVerwGE 79, 79) mit dem Hinweis auf die bleibenden seelischen Folgen einer erlittenen Verfolgung eine andere Auffassung zum Ausdruck kommen sollte, kann daran im Hinblick auf die angeführte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht festgehalten werden, nach der das Asylrecht grundsätzlich eine Flucht aus einer durch politische Verfolgung bedingten objektiv ausweglosen Lage voraussetzt.

Diese Ansicht bedeutet zwar nicht, daß nur derjenige als verfolgt ausgereist anzusehen ist, der noch während der Dauer eines Pogroms oder individueller Verfolgung seinen Heimatstaat verläßt. Dies kann vielmehr auch bei einer Ausreise erst nach dem Ende einer Verfolgung der Fall sein. Die Ausreise muß dann aber unter Umständen geschehen, die bei objektiver Betrachtungsweise noch das äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck der erlittenen Verfolgung stattfindenden Flucht ergeben. Nur wenn ein durch die erlittene Verfolgung hervorgerufenes Trauma in einem solchen äußeren Zusammenhang eine Entsprechung findet, kann es als beachtlich angesehen werden. In dieser Hinsicht kommt der zwischen dem Abschluß der politischen Verfolgung und der Ausreise verstrichenen Zeit eine entscheidende Bedeutung zu. je länger der Ausländer nach erlittener (Gruppen-)Verfolgung in seinem Heimatland unbehelligt verbleibt, um so mehr schwindet der objektive äußere Zusammenhang mit seiner Ausreise dahin. Daher kann allein schon bloßer Zeitablauf dazu führen, daß eine Ausreise den Charakter einer unter dem Druck einer früheren politischen Verfolgung steenden Flucht verliert. Daraus folgt, daß ein Ausländer, dessen politische Verfolgung in der Vergangenheit ihr Ende gefunden hat, grundsätzlich nur dann als verfolgt ausgereist angesehen werden kann, wenn er seinen Heimatstaat in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Beendigung der Verfolgung verläßt. Das bedeutet nicht, daß er zwangsläufig stets sofort oder unmittelbar danach ausreisen müßte. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, daß die Ausreise zeitnah zur Beendigung der Verfolgung stattfindet. Welche Zeitspanne in dieser Hinsicht maßgebend ist, hängt von den Umständen der jeweiligen Verhältnisse ab und bedarf hier keiner Entscheidung. jedenfalls kann ein Ausländer, der - wie der Kläger - nach einer beendeten politischen Verfolgung über mehrere Jahre hinweg in seinem Heimatstaat verblieben ist, ohne dort erneut von politischer Verfolgung bedroht zu sein, nicht als verfolgt ausgereist und damit als vorverfolgt angesehen werden, wenn er später seinen Heimatstaat verläßt.

Der somit unverfolgt aus Pakistan ausgereiste Kläger könnte deshalb als Asylberechtigter nur dann anerkannt werden, wenn ihm aufgrund asylrechtlich erheblicher Nachfluchttatbestinde nunmehr bei einer Rückkehr nach Pakistan politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohte. Das ist nicht der Fall.

Allerdings sind - wie das Berufungsgericht ermittelt hat - nach der Einreise des bereits in seinem Heimatland zur Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft gehörenden Klägers in die Bundesrepublik Deutschland in Pakistan verschiedene Rechtsvorschriften erlassen worden, die unter der Fragestellung, ob sie eine politische Verfolgung der Ahmadis bewirken und deshalb für die vor ihrem Erlaß in die Bundesrepublik Eingereisten einen asylrechtlich erheblichen objektiven Nachfluchttatbestand bilden, der Prüfung bedürfen (vgl. BVerfGE 74, 51 <65>; 76, 143 <163>): Nach der durch die Verordnung Nr. 44 im Jahre 1980 eingeführten Sektion 298 A des pakistanischen Strafgesetzbuchs wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft, wer als Ahmadi bestimmte Bezeichnungen für die Mitglieder der Familie des Propheten Mobammed und seiner Gefährten oder die rechtmäßigen Kalifen wie ein Moslem gebraucht. Im Hinblick auf die im September 1974 erfolgte Änderung der pakistanischen Verfassung, durch die die Ahmadis anderen religiösen Minderheiten gleichgestellt und damit zu Nicht-Moslems erklärt wurden, bestimmen die durch die Ordinance Nr. XX vom 26. April 1984 eingeführten Sektionen 298 B und 298 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs unter Androhung einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe, daß es den Angehörigen der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft verboten ist, den Gründer der Ahmadiyya-Moslembewegung, seine Frau und seine Nachkommen mit Worten zu bezeichnen, die allein dem Propheten Mohammed und dessen Angehörigen vorbehalten sind, ihre Gebetsstätten Moscheen zu nennen, den Gebetsruf >Azan< zu benutzen, sich als Moslems zu bezeichnen, ihren Glauben zu predigen und zu propagieren, als Moslem aufzutreten, durch Verbreiten von Schriften und Worten missionarisch tätig zu sein oder in sonstiger Weise die religiösen Gefühle der Moslems zu beeinträchtigen. Nach der am 5. Oktober 1986 eingeführten Sektion 295 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs schließlich wird mit dem Tode oder lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft, wer in Sprache, Schrift, durch Zeichen oder durch Unterstellung oder Andeutung den Namen des Propheten Mohammed direkt oder indirekt befleckt. Von diesem Wortlaut der Vorschriften ist revisionsgerichtlich auszugehen, da keiner der Verfahrensbeteiligten in Zweifel zieht, daß das Berufungsgericht insoweit authentische Texte verwendet hat, und dies auch sonst nicht ersichtlich ist.

Weiterhin ist für das Revisionsgericht bindend festgestellt, daß der Kläger ein zwar gläubiges, indessen einfaches, durch keine besonderen Funktionen oder besonderen Glauberiseifer hervorgehobenes Mitglied seiner Glaubensgemeinschaft ist. Er ist daher - abgesehen etwa von demVerbet des Missionierens, der Glaubenspropagierung und des Verbreitens von Schriften - jedenfafis von einem Teil der genannten Verbotsnormen persönlich betroffen. Er würde sich bei einer Rückkehr nach Pakistan mit ihnen konfrontiert sehen, ohne freilich eine Bestrafung und damit einen Eingriff in die Freiheit seiner Person unmittelbar erwarten zu müssen (vgl. BVerfGE 76, 143 <164>). Deshalb kommt es darauf an, ob die genannten Verbotsnormen bereits als solche, also in dem Umfang, in dem der Kläger mit ihnen notwendigerweise konfrontiert wird, politische Verfolgung darstellen, weil sie die Religionsausübung der Ahmadis in einem mit Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG nicht zu vereinbarenden Umfang einschränken.

Das richtet sich weder nach der umfassenden Religionsfreiheit, wie sie in Art. 4 GG gewährleistet ist (Urteil vom 18. Februar 1986 - BVerwG 9 C 16.85 - BVerwGE 74, 31 <37>) noch nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft oder einzelner Gläubiger von der Bedeutung eines Glaubenselements, das von dem staatlichen Eingriff betroffen ist< (Urteil vom 25. Oktober 1988 - BVerwG 9 C 37.88 - (BVerwGE 80, 321 = InfAuslR 1989, 167). Maßgebend ist vielmehr ein objektiver Maßstab (Urteil vom 18. Februar, 1986 BVerwG 9 C 16.85 - aale. S. 40). Sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch der des Bundesverwaltungsgerichts kommt es darauf an, ob sich die staatlichen Maßnahmen auf den Bereich der Öffentlichkeit beschränken oder ob sie auch in den internen Bereich der religiösen Gemeinschaft eindringen. Nur im letzteren Fall liegt politische Verfolgung dann vor, wenn durch die Vorschriften das religiöse Existenzminimum, der unverzichtbare Kern der Religionsfreiheit nicht mehr gewährleistet ist, nämlich die Religionsausübung im hiuslich-privaten Bereich sowie das Gebet und der Gottesdienst abseits von der Öffentlichkeit in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen entspechend den tragenden Glaubensinhalten (BVerfGE 76, 143 = InfAuslR 1988, 87; Urteil vom 18. Februar 1986 - BVerwG 9 C 16.85 - a.a.O.). Beschränken sich staatliche Maßnahmen hingegen darauf, gewisse Bezeichnungen, Merkmale und Symbole oder Bekenntnisformen in der Öffentlichkeit zu verbieten, liegt ein asylrelevanter Eingriff selbst dann nicht vor, wenn diese für die Religionsgemeinschaft identititsbestimmend sind (BVerfGE 76, 143 <159>).

Mit diesen Grundsätzen steht das angefochtene Urteil nicht in Einklang, Es hebt entscheidungstragend darauf ab, daß die Ahmadis bereits gegenwärtig aufgrund der vorstehend aufgeführten Verbotsnormen unmittelbarer staatlicher Verfolgung ausgesetzt seien, weil sie sich in einem unausweichlichen Konflikt zwischen ihren religiösen Pflichten und den ihrer Erfüllung entgegenstehenden staatlichen Verboten befänden: Insbesondere für Männer sei das gemeinschaftliche Freitagsgebet verpflichtend, das in einer zumindest beschränkten Öffentlichkeit zu verrichten sei. Bestandteil dieses Gebets -wie eines jeden Gebets - sei das Glaubensbekenntnis (Kalima). Die Mitteilung des Glaubensinhalts nach außen hin gehöre zum Wesensgehalt der religiösen Überzeugung der Ahmadis. Die Aberkennung des Rechts, sich Moslem zu nennen, berühre unmittelbar die Identität eines Ahmadis. Damit sieht das Berufungsgericht unrichtigerweise eine politische Verfolgung durch die, Glaubensfreiheit einschrinkende staatliche Vorschriften bereits dann als gegeben an, wenn diese dem Selbstverständnis der betroffenen Religionsgemeinschaft und ihrer Gläubigen widersprechen.

Seine Auffassung, daß die genannten Verbotsnormen bereits gegenwärtig eine politische Verfolgung der Ahmadis bewirkten, stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar. Die von ihm getroffenen, durch keine Rügen oder Gegenrügen als unrichtig oder unvollständig angefochtenen tatsächlichen Feststellungen ergeben auch bei Anlegung der rechtlich zutreffenden Kriterien nicht, daß die bestehenden Verbotsnormen zu politischer Verfolgung führen. Sie werden von den zuständigen pakistanischen Stellen in der Rechtspraxis, auf die es entscheidend ankommt, nicht generell oder doch überwiegend so ausgelegt und angewandt, daß gegenwärtig auch religiöse Verhaltensweisen der Ahmadis im Privatbereich oder im gemeinschaftsinternen Bereich in dem genannten Sinne bestraft werden. Auszugehen ist in dieser Hinsicht von dem Urteil des Federal Shariat Court vom 12. August 1984, das in einem obiter dictum vom obersten Gerichtshof bestätigt wurde. Auch insoweit ziehen die Beteiligten nicht in Zweifel, daß das Berufungsgericht zur Ermittlung des Inhalts dieses Urteils einen authentischen Text verwendet hat. Für das Gegenteil ist auch nichts ersichtlich. Dieses Urteil zeigt, daß die Ordinance Nr. XX, durch die die Sektionen 298 B und 298 C in das pakistanische Strafgesetzbuch eingeführt wurden, in Vollzug der Verfassungsänderung von 1974 der äußeren Abgrenzung zwischen den durch die Verfassungsänderung zu Nicht-Moslems erklärten Ahmadis und den Angehörigen der Staatsreligion dient. Sie soll zum Schutze der Angehörigen der Staatsreligion verhindern, daß Ahmadis entgegen der Verfassung nach außen als Moslems auftreten und dadurch die >wahren< Moslems vom >rechten Wege< abbringen. Demgemäß hält das Gericht z. B. das Verbot des Missionierens, die Untersagung des Rufes >Azan<, das Verbot, als Moslem aufzutreten und die Gebetshäuser Moscheen zu nennen, als mit der pakistanischen Verfassung für vereinbar, und zwar - aus deren Sicht - auch unter dem Gesichtspunkt der Religionsfreiheit: Die genannten Bestimmungen beschnitten nicht das Recht der Ahmadis, sich gemäß den Bestimmungen der Verfassung und des Heiligen Korans zu ihrer Religion zu bekennen und diese auszuüben. Es stehe ihnen vielmehr frei, sich zum Quadianismus oder Ahmadiismus als ihrer Religion zu bekennen und ihren Glauben an Mirza Ghulam Ahmad von Quadian als Propheten oder den angekündigten Messias oder den angekündigten Mehdi zum Ausdruck zu bringen. Es stehe ihnen ebenfalls frei, ihre Religion auszuüben und u. a. ihre Gottesdienste in ihren Gebetshäusem nach den Gebräuchen ihres Glaubens abzuhalten. Sie könnten ihren Gotteshäusern jeden anderen Namen als den eines >Masjid< (= Moschee) geben und ihre Gläubigen auf jede andere Weise als durch den >Azaw< zum Gebet rufen. In der Auslegung der Sektionen 298 B und 298 C durch das pakistanische Bundes-Shariat-Gericht greifen die bestehenden Verbote somit nicht in den häuslichen und gemeinschaftsinternen Religionsbereich in dem bezeichneten Sinne ein. Sie enthalten weder ein Verbot, sich zur Religion der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft zu bekennen, noch verbieten sie eine Religionsausübung im privaten Bereich sowie in Gemeinschaft mit anderen Gläubigen in den Gotteshäusern gemäß den tragenden Glaubensinhalten. Sie muten daher den Ahmadis keine Preisgabe ihrer Religion zu. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergeben die festgestellten Tatsachen auch nicht, daß die maßgebenden staatlichen Stellen die genannten Vorschriften abweichend von der Entscheidung des Shariat-Gerichts zuungunsten der Ahmadis in der Praxis generell oder doch überwiegend enger auslegen und auch auf religiöse Verhaltensweisen anwenden, die nach dieser Entscheidung gestattet sind. Das Berufungsgericht hat zwar eine Vielzahl von einzelnen Fällen ermittelt, welche Straftaten zum Gegenstand haben, die mit der Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya im Zusammenhang stehen. Diese Fälle rechtfertigen jedoch die Annahme des Berufungsgerichts nicht.

Zunächst haben alle diejenigen Fälle auszuscheiden, die Mordanschräge oder sonstige Übergriffe orthodoxer mosiemischer Mitbürger gegen Ahmadis zum Gegenstand haben. Zur Beurteilung der Frage, wie die bestehenden Verbotsgesetze in der Praxis von Staats wegen gehandhabt werden, können vielmehr nur diejenigen festgestellten Fälle herangezogen werden, in denen pakistanische Behörden selbst aufgrund dieser Gesetze gegen Ahmadis eingeschritten sind. Dabei handelt es sich zum einen um eine Vielzahl von Verhaftungen wegen Tragens der >Kalima<, nämlich von Abzeichen mit dem moslemischen Glaubensbekenntnis, also gerade um das Auftreten von Ahmadis als Moslems in der Öffentlichkeit. Zudem sind die im April und Mai 1985 aus diesem Grunde verhafteten Ahmadis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sämtlich freigesprochen worden. Die weiterhin festgestellten Verfahren wegen des Gebrauchs bestimmter Grußformen und von Koranzitaten auf traditionellen Hochzeitskarten betrafen ebenfalls ein Verhalten in der Außenspäre. Das gleiche gilt für die Anbringung von Kalima-Aufschriften an 100 Gebetsstätten der Ahmadis und deren Entfernung durch die Polizei. Die vom Berufungsgericht angeführten Urteile im sogenannten Sahiwal-Fall und im sogenannten Sukkur-Fall (Verhingung von Todesstrafen) mögen Fehlurteile sein. Einen Hinweis darauf, daß die Vorschriften der Sektion 298 B und 298 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs auch religiöse Verhaltensweisen im häuslichen oder gemeinschaftsintemen Bereich betreffen, enthalten sie nicht. Auch der vom Berufungsgericht mitgeteilte Fall des Schneiders, der in seinem Laden ein Kalima-Abzeichen aufgehängt hatte, weist einen Bezug zur Öffentlichkeit auf. Aus diesem Fall läßt sich allenfalls schließen, daß ein Auftreten als Moslem auch an Orten, die - wie Geschäftsräume - nur in beschränktem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich sind, verboten ist. Ein Verbot häuslicher Andacht sowie gemeinschaftlicher Gottesdienste abseits der Öffentfichkeit läßt sich daraus nicht herleiten.

Für letzteres könnte allenfalls der sogenannte Mardan-Fall sprechen: Die Distriktsverwaltung von Mardan verbot den Ahmadis am 16. August 1986, dem Id-Fest, ihre traditionellen Opfer darzubringen, weil sie keine Moslems seien und deshalb moslemische Riten nicht befolgen dürften. Die Ahmadis in Mardan haben das Verbot absichtlich ignoriert, an diesem Tag ihre Opferlämmer rituell geschlachtet und ihre Gebetsstitte zum Festtagsgebet besucht. Bei einem Polizeieinsatz sind ca. 90 Personen, darunter auch Frauen, aus der Gebetsstätte heraus verhaftet worden, die anschließend von einer aufgebrachten Menge niedergerissen wurde. Die Verhafteten sind bis auf vier Personen am nächsten Tage freigelassen worden. Aus diesem Vorfall kann jedoch nicht geschlossen werden, auch das Gemeinschaftsgebet der Abmadis in ihren Gebetsstätten stehe bereits unter Strafe, die Teilnehmer würden deshalb generell verhaftet und - worauf es letztlich ankommt - bestraft. Eine solche Annahme verbietet sich zum einen, weil die Verhafteten - bis auf vier Personen - am nächsten Tag wieder freigelassen wurden. Zum anderen handelt es sich um einen durch besondere Umstände gekennzeichneten Einzelfall, der sich nicht wiederholt hat.

In der umfangreichen Stoffsammlung des Berufungsgerichts wird kein Fall berichtet, daß ein Ahmadi allein wegen der Teilnahme am Gemeinschaftsgebet strafrechtlich belangt worden wäre. Der vom Berufungsgericht vernommene sachverständige Zeuge W., ein Mitglied der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft, hat bei seiner Vernehmung davon berichtet, daß er selbst an einem Gottesdienst in R. teilgenommen hat. Angesichts einer Zahl von ungefähr vier Millionen Ahmadis in Pakistan, die dort ihre Religion nach wie vor ausüben, hätte es aber zu einer Vielzahl von Verurteilungen kommen müssen, die sicherlich nicht unbekannt geblieben wären, wenn bereits die Teilnahme an Gemeinschaftsgebet in der Gebetsstätte der Ahmadis entgegen der Ansicht des Bundes-Shariat-Gerichts von Behörden generell als Verstoß gegen die Vorschriften der Sektionen 298 B und 298 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs angesehen würde. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, daß - wie der sachverständige Zeuge W. bekundet hat - Ahmadis den orthodoxen Moslems nicht den Zutritt zu ihren Gebetshäusern verweigern und deshalb eine gewisse Gefahr bestehe, daß sie wegen Gebrauchs bestimmter Wendungen beim Gebet angezeigt würden. Maßgebend ist vielmehr, ob solche Anzeigen letztlich zu einer Bestrafung führen. Dergleichen Fälle hat das Berufungsgericht jedoch nicht festzustellen vermocht. Vielmehr heißt es in der vom Berufungsgericht eingeholten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 7. September 1988, daß - soweit bekannt - Bestrafungen aufgrund der Sektionen 298 B und 298 C nur für Verhaltensweisen stattgefunden haben, die eine über die Gebetsstätten oder den engeren Kreis der Gemeinschaft hinausgehende Öffentlichkeitswirkung besaßen. Weiterhin läßt sich den vom Berufungsgericht festgestellten Fällen auch nicht entnehmen, daß die Vorschrift der Sektionen 298 A jemals auf eine Teilnahme an religiösen Zeremonien in den Gebetshäusern der Ahmadis angewandt worden wäre. Keiner der berichteten Fälle enthält einen derartigen Anhaltspunkt.

Schließlich gibt auch die im Jahre 1986 erlissene Vorschrift der Sektion 295 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs nichts für die Annahme her, gläubige Ahmadis seien bereits gegenwärtig in ihrem religiösen Existenzminimum betroffen. Dies hat das Berufungsgericht richtig gesehen. Nach den getroffenen Feststellungen hat es bisher keine Verfahren gegen Ahmadis auf der Grundlage dieser Bestimmung gegeben. Das spricht dagegen, daß bereits die Leugnung der Finalität des Propheten Mohammed durch die Ahmadis als Befleckung seines heiligen Namens angesehen wird. Andernfalls hätten angesichts der in Pakistan lebenden ungefähr vier Millionen Ahmadis Massenprozesse stattfinden müssen. Auch die vom Berufungsgericht angesprochene Entstehungsgeschichte der Vorschrift spricht dagegen. Danach hatte sich eine bekannte Rechtsanwältin in Lahore, die in der Frauenbewegung aktiv ist, bei der Diskussion um eine Islamisierung des pakistanischen Personenstandsgesetzes gegen die Verschlechterung der Rechtsstellung der Frau gewandt. In der Hitze der Auseinandersetzung warf sie ihren Gegnern, die sich auf Äußerungen des Propheten Mohammed beriefen, vor, daß Mohammed, der Analphabet war, ein Ignorant gewesen sei. Die empörte Reaktion strenggläubiger Mostems führte darauf zur Einführung der besagten Sektion 295 C in das pakistanische Strafgesetzbuch. Das demnach an einem Rechtsfehter leidende Urteil des Berufungsgerichts wird auch nicht durch seine zusätzlichen weiteren Ausfühgen getragen, es müsse damit gerechnet werden, daß zukünftig legislatorische Maßnahmen schärfere Formen annähmen und Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Ahmadis wegen ihres Glaubens immer wahrscheinlicher< würden. Diese Zukunftsprognose beruht in ihrem Kern auf der Auffassung des Berufungsgerichts, die die Ahmadis betreffenden gegenwärtigen Vorschriften stellten sich als schrittweise Verwirklichung eines auf die Ausrottung der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft hinauslaufenden staatlichen Programmes dar, das in Zukunft durch den Staat weiter fortgesetzt werde. Dieser Prognose haftet jedoch wiederum der vorstehend dargelegte rechtliche Mangel an, der in der Annahme des Berufungsgerichts liegt, die bestehenden Strafvorschriften griffen bereits gegenwärtig in asylrechtlich erheblicher Weise in die Religionsfreiheit ein. Für die Frage, ob bestehende Strafvorschriften Teil eines auf Ausrottung einer Religionsgemeinschaft zielenden Programmes sind, macht es einen erheblichen Unterschied, ob sie bereits gegenwärtig eine politische Verfolgung bewirken oder aber der äußeren Abgrenzung gegenüber der herrschenden Staatsreligion dienen und die Religionsausübung in ihrem Kern unberührt lassen. Die Prognose des Berufungsgerichts beruht damit auf einer unrichtigen rechtlichen Prämisse und ist jedenfalls aus diesem Grunde für das Revisionsgericht nicht bindend (vgl. Bundessozialgericht, DVBI. 1990, 212, 213) mit der Folge, daß sie nicht bloß eingeschränkt auf eine Verletzung allgemeiner Sachverhalts- und Beweiswürdigungsgrundsätze hin überprüft werden kann.

Ausgehend von dem - wie vorstehend dargelegt - zutreffenden rechtlichen Ansatz, daß die Vorschriften der Sektionen 295 C, 298 A, 298 B und 298 C des pakistanischen Strafgesetzbuchs gegenwirtig keine politische Verfolgung der Ahmadis bewirken, ergeben die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen jedoch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, im Zuge eines staatlichen Ausrottungsprogrammes könnten die bestehenden Vorschriften zukünftig etwa derart geändert oder ausgelegt werden, daß bereits ein Abweichen vom Dogma der Letztendlichkeit des Propheten Mohammed bestraft und damit den Angehörigen der AhmadiyyaGlaubensgemeinschaft eine Preisgabe ihres Glaubens oder tragender Glaubensinhalte auferlegt würde. Eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für den Eintritt zukünftiger politischer Verfolgung ist dann gegeben, wenn bei der zusammenfassenden Wertung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhattes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deswegen gegenüber den dagegen sprechenden Umständen überwiegen (Urteil vorn 23. Februar 1988 - BVerwG 9 C 32.87 -Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 80, Urteil vom 15. März 1988 - BVerwG 9 C 278.86 - BVerwGE 79, 143 <151>). Im vorliegenden Fall haben die für eine Verschlechterung der Lage der Ahmadis in Betracht zu ziehenden Umstände gegenüber den dagegen sprechenden Umständen ein so geringes Gewicht, daß es ausgeschlossen ist, auf sie in vertretbarer Weise die Annahme einer aus einem staatlichen Ausrottungsprogramm resultierenden zukünftigen Verschärfung der bestehenden Verbotsnormen oder deren Auslegung zu gründen. Dem steht der objektive Gang der Entwicklung in Pakistan seit dem Jahre 1974 entgegen. Der Verfassungsänderung vom September 1974, durch die die Ahmadis anderen religiösen Minderheiten gleichgestellt und damit zu Nicht-Moslems erklärt wurden, war das Pogrom im Sommer 1974 vorausgegangen. Zur Ordinance Nr. XX vom 26. April 1984 kam es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, als die orthodoxe Geistlichkeit für den 27. April 1984 erneut zu Aktionen gegen die Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft aufgerufen hatte. Wie dem vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Urteil des Bundes-Shariat-Gerichts vom 12. August 1984 zu entnehmen ist, wurde sie erlassen, weil die Ahmadis trotz der Verfassungsinderung in der Folgezeit weiterhin in der Öffentlichkeit als Moslems auftraten. Dies zeigt zwar, daß sich der pakistanische Staat auf äußeren Druck hin veranlaßt gesehen hat, Forderungen der orthodoxen Geistlichkeit teilweise nachzugeben und einen Glaubensstreit autoritär einseitig zu Lasten der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft zu entscheiden, indem er durch die Verfassungsänderung des Jahres 1974 und die sie kenkretisierende Einführung der Sektionen 298 A, B und C des pakistanischen Strafgesetzbuchs eine äußere Abgrenzung von Personen vorgenommen hat, die aus seiner Sicht Mosierns sind, und solchen, die nicht zur Staatsreligion gehören. Hingegen fehlt es an objektiven Anhaltspunkten dafür, daß hinter diesen Vorschriften in Wirklichkeit ein staatlich geplantes Ausrottungsprogramm stehen könnte und mit ihnen damit mehr beabsichtigt sei, als durch eine äußere Abgrenzung der verfeindeten Religionsgruppen den inneren Frieden zu gewährleisten. Die Einführung der Sektion 295 C im Jahre 1986 steht, wie die Entstehungsgeschichte zeigt, und auch das Berufungsgericht annimmt, ohnehin in keinem Zusammenhang mit der Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft.

Allerdings hat der stellvertretende Oberste Staatsanwalt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in einer Vorlage an das Shariat-Gericht erklärt, Tod sei die Strafe für alle, die nicht an die Endgültigkeit des Propheten Moliammed glaubten. Dieser schon vom Shariat-Gericht offensichtlich nicht gebilligten Auffassung ist jedoch auch sonst keine pakistanische Stelle gefolgt. Der vom Berufungsgericht weiterhin festgestellten Grußbotschaft des damaligen Staatsprisidenten Zia-Ul-Haq im Jahre 1985 an einen internationalen Kongreß orthodoxer Moslems in London, er werde, so Gott wolle, Erfolg haben in dem Bemühen, >das Krebsgeschwür des Quadianismus< auszurotten, haben ebenfalls keine Taten entsprochen. Sie wären aber zu erwarten gewesen, wenn in Pakistan tatsächlich ein staatliches Ausrottungsprogramm bestehen würde. Statt dessen hat die Ahmadiyya-Glaubensgemeinschaft nach der vom Berufungsgericht verwerteten Aussage des sachverständigen Zeugen W. in R. nach wie vor ein ausgedehntes Verwaltungszentrum mit einer Missionsschule und einer zentralen Bücherei. Nach der vom Berufungsgericht verwerteten Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 7 September 1988 sind trotz der Äußerungen des stellvertretenden Obersten Staatsanwalts und der Grußbotschaft Zia-Ul-Haq's keine Entlassungen von Ahmadis aus dem Staatsdienst erfolgt. Im Gegenteil ist ein Ahmadi, der bisher Richter am Lahore-High-Court war, im Jahre 1988 zum Richter am Supreme Court ernannt worden. Entscheidend gegen das Bestehen eines staatlichen Ausrottungsprogrammes spricht insbesondere die Tatsache, daß der pakistanische Staat nach der Verfassungsinderung im Herbst 1974 massiv Polizei zum Schutze der Ahmadis einsetzte. Pogrome sind seit Sommer 1974 nicht mehr vorgekommen. Immer dann, wenn es zu Massenausschreitungen zu kommen drohte, hat die Polizei Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Als eine aufgebrachte Menge am 4. Juni 1987 Ahrnadis angriff, hat - wie das Berufungsgericht feststellt - die Polizei das Gebetshaus versiegelt, um weitere Zusammenstöße zu verhindern. Ebenso ist die Polizei im sogenannten Quetta-Fall am 9. Mai 1986 eingeschritten, als ungefähr 1000 bis 1500 Mitglieder einer dogmatischen moslemischen Bewegung (TKN) versuchten, eine Gebetsstätte der Ahmadis zu stürmen. Nachdem es der Polizei nicht gelang, den Demonstrationszug aufzuhalten, nahm sie vorübergehend die Gebetsstätte in Polizeibesitz und die Verteidiger in Arrest, aus dem sie indessen bis zum 14. Mai 1986 freigelassen wurden. Gegen die TKN-Aktivisten wurden hingegen Verfahren eingeleitet.

Auch das Berufungsgericht nimmt vor diesem Hintergrund an, daß der pakistanische Staat das Gleichgewicht zwischen den verfeindeten Bevölkerungsgruppen aufrechterhält, so daß der latente Konflikt nicht ausufert und den Grad erreicht, daß die Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Ruhe und Ordnung herzustellen, ernsthaft gefährdet erscheint<. Schützt der pakistanische Staat aber auch nach der Einschätzung des Berufungsgerichts Ahmadis jedenfalls vor Massenausschreitungen, ist eine Schlußfolgerung dahingehend, er verfolgte gleichwohl gegenüber dieser religiösen Minderheit ein Ausrottungsprogramm, schlechthin nicht möglich. Wäre dies nämlich der Fall, hätte nichts nähergelegen, als bei drohenden Massenausschreitungen tatenlos zuzusehen und damit das staatliche Ausrottungsprogramm anderweit verrichten zu lassen. Auch der vom Berufungsgericht angeführten Äußerung der nach dem Wahlsieg der Pakistan People Party (PPP) im Jahre 1988 an die Regierung gelangten Premierministerin Bhutto auf einer Pitgerreise nach Dschidda, es würden alle Gesetze abgeändert, die dem Islam widersprächen, läßt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Verfassungsinderung des Jahres 1974, durch die die Angehörigen der Ahmadiyya-Glau-bensgemeinschaft zu Nicht-Moslems erklärt wurden und die dazu ergangenen Vorschriften der Ordinance Nr. XX stehen nämlich zum orthodoxen Islam nicht in Widerspruch. Dementsprechend haben nach der vom Berufungsgericht verwerteten Aussage des sachverständigen Zeugen W. sowohl der Justizminister als auch die Premierministerin selbst sich lediglich dahin geäußert, daß die bisherigen Gesetze auf jeden Fall beibehalten, also nicht zugunsten der Ahmadis aufgehoben werden sollen. Daß dadurch - wie das Berufungsgericht feststellt - die Erwartungen der Ahmadis an die Regie-rungsübernahme durch Frau Bhutto enttäuscht worden sind, liegt auf der Hand. Den genannten Äußerungen kann jedoch nicht entnommen werden, Frau Bhutto habe damit in Weiterführung eines bestehenden staatlichen Ausrottungsprogramms von sich aus weiteren Handlungsbedarf< im Sinne einer Verschärfung der die Ahamdis betreffenden Gesetze zu erkennen gegeben.

Bietet somit das vom Berufungsgericht zusammengestellte Tatsachenmaterial keine ausreichende Grundlage für die Annahme eines staatlich initiierten, auf die Ausrottung der Ahmadis abzielenden Programms, könnte von einer zukünftig zu erwartenden, asylrechtlich erheblichen Verschärfung der bestehenden, die Religionsfreiheit der Ahmadis einschränkenden Vorschriften nur dann ausgegangen werden, wenn eine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür bestünde, der pakistanische Staat werde in absehbarer Zeit unter dem Druck der orthodoxen Geistlichkeit deren weitergehenden Forderungen nachgeben. Auch in dieser Hinsicht enthält das vom Berufungsgericht mitgeteilte Tatsachenmaterial keine Umstände von hinreichendem Gewicht. Zwar hat der pakistanische Staat in der Tat in der Vergangenheit unter dem Druck der von der orthodoxen Geistlichkeit aufgehetzten Bevölkerungsmehrheit die Religionsgemeinschaft der Ahmadis beeinträchtigende Gesetze erlassen, die indessen - wie dargelegt - keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG bewirken. Daraus läßt sich jedoch keine Entwicklungs-tendenz dahin herleiten, der pakistanische Staat werde entgegen seiner Verfassung, die die Religionsfreiheit nach Maßgabe der Ausführungen des Bundes-Shariat-Gerichts garantiert, auch den viel weitergehenden Forderungen der orthodoxen Moslems, die Ahmadis zu des Todes schuldigen Abtrünnigen zu erklären, unter äußerem Druck ohne weiteres nachgeben. Diese Forderungen werden nämlich von der orthodoxen Geistlichkeit seit jeher erhoben. Der pakistanische Staat hat ihnen jedoch stets widerstanden. Insbesondere der Wahlsieg der PPP unter Frau Bhutto im Jahre 1988 zeigt, daß in Pakistan in größerem Umfang auch von der Bevölkerung getragene liberalere Kräfte wirksam sind, die ein Gegengewicht zur orthodoxen Geistlichkeit bilden. Ein weiteres Nachgeben des pakistanischen Staates durch eine Verschärfung der bestehenden Vorschriften könnte deshalb nur dann in Betracht gezogen werden, wenn es der orthodoxen Geistlichkeit gelingen sollte, Massenausschreitungen zu organisieren, denen der Staat mit polizeilichen Mitteln nicht Herr zu werden vermöchte. Dafür besteht jedoch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit in dem vorbezeichneten Sinne. Das vom Berufungsgericht festgestellte feindselige Klima< fällt in dieser Hinsicht nicht entscheidend ins Gewicht. Es besteht seit langen Jahren, ohne daß es seit Sommer 1974 zu unkontrollierbaren Massenausschreitungen gekommen wäre. Vielmehr hat der pakistanische Staat - wie vorstehend in anderem Zusammenhang ausgeführt - ab November 1974 immer dann, wenn sich Ausschreitungen größeren Umfangs gegenüber Ahmadis anbahnten, eingegriffen und Ruhe und Ordnung wiederhergestellt. Es fehlt an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dafür, daß gerade infolge der Regierungsübernahme durch Frau Bhutto im Jahre 1988, die einschließlich der von ihr geführten Partei den Ahmadis nicht grundsätzlich ablehnend gegenübersteht, in dieser Hinsicht eine Änderung der bisherigen Politik des Gleich-gewichts< zwischen den verfeindeten religiösen Bevölkerungsgruppen eintreten könnte.

Hieraus ergibt sich zugleich, daß auch keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür besteht, der Kläger könne bei einer Rückkehr nach Pakistan in absehbarer Zeit Opfer von dem pakistanischen Staat zurechenbaren landesweiten pogromartigen Ausschreitungen durch orthodoxe Moslems werden, weil - wie dargelegt - der pakistanische Staat seit November 1974 bei einer sich in dieser Hinsicht anbahnenden Gefahr stets eingeschritten ist und Anhaltspunkte dafür fehlen, daß er dies zukünftig unterlassen werde.

Ebensowenig besteht aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für eine gerade dem Kläger als Einzelperson drohende Verfolgung wegen seines Glaubens durch Übergriffe orthodoxer moslemischer Mitbürger. Zwar haben nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch nach dem Ende des Pogroms des Jahres 1974 mehrere Mordanschläge und sonstige Gewalttaten gegenüber einzelnen Ahrnadis stattgefunden. Am 19. Februar 1982 starb in der Provinz Sind ein Ahmadi an den Folgen eines Anschlags. Am 16. April 1982 wurde ein Lehrer ebenfalls in der Provinz Sind und am 18. September 1983 ein Kleiderhändler in der Provinz Punjab umgebracht. Von 1984 bis etwa 1986 kam es zu zehn bis vierzehn Tötungen sowie etwa achtzehn Anschlägen auf Ahmadi-Führer. Am 7. Juni 1987 wurde ein Ahmadi, der Major des Heeres ist, mit Eisenstangen niedergeschlagen, wehrte sich jedoch und schoß auf die Angreifer. Im März 1986 wurde der Aufseher einer Ahmadi-Gebetsstätte von Moslems verprügelt, ein Zahnarzt aus seinem Büro entführt. Ein Teil dieser Gewaltanschläge gehört nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Bereich allgemeiner Kriminalität und hatte mit der Religionszugehörigkeit nichts zu tun. Diese Fälle haben bei der Frage, ob dem Kläger als Einzelperson individuell politische Verfolgung durch Übergriffe orthodoxer Moslems bevorsteht, von vornherein auszuscheiden. Bei einem Teil der Angegriffenen bzw. Getöteten handelte es sich um Personen, die sich von ihrer Stellung her ersichtlich aus der Menge der vier Millionen Ahmadis heraushoben, wie der Lehrer, der Major, der Aufseher der Ahmadi-Gebetsstitte, der Zahnarzt sowie die achtzehn Ahmadi-Führer. Die - auch von Polizisten - mißhandelten 26 Ahmadis des sogenannten Sarghoda-Falles hatten alle die Kalima getragen. Diese Fälle können daher nicht als Vergleichsfälle dafür herangezogen werden, dem Kläger stehe ein ähnliches Schicksal bevor. Bei einer Gesamtzahl von vier Millionen Ahmadis besteht zwar die theoretische Möglichkeit eines Übergriffs auch auf die Person des Klägers. Sie ist indessen, insbesondere deshalb, weil der Kläger keine besonderen, die Aufmerksamkeit der orthodoxen Moslems auf sich ziehende Merkmale aufweist, als so entfernt liegend anzusehen, daß sie nicht als beachtlich wahrscheinlich eingestuft werden kann. Im übrigen ergeben die tatsichlichen Feststellungen des Berufungsgerichts entgegen dessen Auffassung auch nicht, daß die pakistanischen Stellen sich lediglich. auf die Verhinderung von Pogromen beschränken und im übrigen den Dingen ihren Lauf lassen. Kein Staat ist in der Lage, eine religiöse Minderheit von vier Miflionen so zu schützen, daß keine religiös bedingten Übergriffe der Bevölkerungsmehrheit gegenüber einzelnen Angehörigen der Minderheit vorkommen. Aus der Tatsache, daß solche Übergriffe geschehen sind und noch geschehen, läßt sich daher nicht auf eine fehlende Schutzbereitschaft des pakistanischen Staates schließen. Entscheidend ist, ob er gegen geschehene Übergriffe generell mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln vorgeht (vgl. Urteil vom 18. Februar 1986 - BVerwG 9 C 104.85 Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 45 = InfAusIR 1986, 189; Urteil vom 6. März 1990 - BVerwG 9 C 14.89 - BVefwGE 85, 12 (20)). Das Versagen von Amtswaltern im Einzelfall ist dabei ohne Bedeutung.

Hiernach muß aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen davon ausgegangen werden, daß der pakistanische Staat nicht nur gegenüber Massenausschreitungen, sondern auch gegenüber Angriffen auf Leib und Leben bestimmter einzelner Ahmadis in der Regel Schutz gewährt. Nach der vom Berufungsgericht verwerteten Auskunft des Auswärtigen Amts vom 7. September 1988 beschützt der pakistanische Staat Ahmadis grundsätzlich in gleicher Weise wie andere Staatsbürger. Mögen auch Strafanzeigen vielfach schleppend behandelt werden und Übergriffe auf Ahmadi Gebetsstätten und Friedhöfe ungesühnt bleiben, so ist es doch zur Strafverfolgung und Bestrafung wegen tätlicher Angriffe gekommen; es sind Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren und lebenslänglich verhängt worden. Die vom Berufungsgericht mitgeteilten konkreten Einzelfälle ergeben nichts grundlegend anderes. In den religiös motivierten Tötungsfällen am 18. September 1983 und am 16. Juni 1984 haben die Behörden ermittelt. Der angeführte Fall des Majors ist gerichtshängig. Gegen die 1000 bis 1500 TKN-Aktivisten wurden im sog. Quetta-Fall Verfahren eingeleitet. Im Falle des Aufsehers der Gebetsstätte und im Sarghoda-Fall sind die Betroffenen freilich nicht nur ohne Schutz geblieben, sondern von Polizisten sogar verprügelt worden. Die Umstände dieser Mißhandlungen lassen sich jedoch nicht verallgemeinernd dahin deuten, daß Ahmadis gegenüber Angriffen orthodoxer Mosiems generell ohne staatlichen Schutz blieben.

Nach alledem war das klagabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen, weit dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nicht zusteht. Diese auf den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen beruhende Entscheidung war ungeachtet des Umstands zu treffen, daß im Verlaufe des Revisionsverfahrens Frau Bhutto ihr Amt als Premierministerin aufgeben mußte, die PPP die im Herbst 1990 stattgefundenen Wahlen zur pakistanischen Nationalversammlung verloren und die Islami Jamhoori Ittehad (IJI), ein Bündnis überwiegend islamischer Parteien, unter ihrem inzwischen zum Premierminister gewählten Führer Nawaz Sharif eine große Mehrheit erlangt hat. Solche nachtriglich eingetretenen Umstände können - wie der Senat im Urteil vom 28. Februar 1984 - BVerwG 9 C 981.81 - (Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 19 § 51 bis 53 = InfAusIR 1985, 22) im einzelnen dargelegt hat - in einem Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden, weil das Revisionsgericht entsprechend seiner auf die Rechtsprüfung beschränkten Aufgabenstellung seine Entscheidung allein auf der Grundlage der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen trifft. Eine Zurückverweisung der Sache wegen einer nachträglichen Veränderung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ist somit grundsätzlich ausgeschlossen. Die Voraussetzungen, unter denen in der Rechtsprechung des Bundesverwalturigsgerichts Ausnahmen von dem Grundsatz zugelassen worden sind, daß neue Tatsachen im Revisionsverfahren unberücksichtigt bleiben müssen (vgl. dazu die Zusammenstellung im Urteil vom 28. Februar 1984 BVerwG 9 C 981.81 - a.a.O). liegen nicht vor. Der Wahlsieg der IJI kann zwar als allgemeinkundig und damit unstreitig angesehen werden. Das gilt jedoch nicht für dessen Auswirkungen auf die zukünftige Lage der Ahmadis in Pakistan. Sollte daher der Kläger in dieser Hinsict eine zu seinen Gunsten eingetretene nachträgliche Veränderung de; entscheidungserheblichen Sachverhalts für gegeben halten, zeigt § 14 AsylVfG in Verbindung mit § 51 VwVfG den richtigen Verfahnnsweg auf.«

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